Die blaue Blume vom Mummelsee

Ein neu erzähltes Schwarzwaldmärchen für Erwachsene
Prolog – Der Wanderer
Man sagt, wer im Herbst am Mummelsee verweilt, hört manchmal eine Stimme über dem Wasser. Nicht laut. Nicht menschlich. Aber voller Erinnerung.
So begann die Geschichte, die mir ein alter Wanderer an einer regnerischen Abendhütte zuflüsterte, während das Holz im Kamin knackte und die Nebel über den See krochen wie vergessene Träume, die noch einmal atmen wollen.
Die Geschichte
Hoch oben, wo der Schwarzwald in dämmernde Höhen steigt und die Winde den Atem längst vergangener Zeiten tragen, liegt der Mummelsee – ein rundes, schwarzes Auge der Erde. Er scheint zu schlafen, doch wer ihn lange genug betrachtet, spürt: Dieser Schlaf wacht.
Man sagt, in seinen Tiefen lebe ein König aus Wasser und Stein, ein uralter Herrscher mit Bart aus perlendem Licht. Sein Blick soll die Stille tragen, die nur Orte kennen, an denen Zeit nicht vergeht.
Er wohnt in einem Palast aus Muscheln, und um ihn tanzen seine Töchter – Wasserfrauen, zart wie Mondglanz auf frischem Schnee.