Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen
Buch 3
Das letzte Licht
Kapitel 264: Das Flüstern der Angst
Örtlichkeit: Innere Realität der Menschen
Leitmotiv: Der Abgrund der Ablehnung
Sie lagen in metallenen Betten, unter grellem Licht, das nichts wärmte. Die Wände atmeten nicht. Die Stimmen hinter den Türen waren leise, aber messerscharf. Und in allem: ein Zittern – nicht das eigene, sondern ein fremdes, das sich wie Haut unter der Haut anfühlte.
Kalima wachte auf, als Duran schrie – nicht laut, aber durchdringend. Seine Stimme verließ den Körper nicht, sie vibrierte in der Luft wie ein Riss. Sie sah zu ihm, und in seinen Augen war etwas Fremdes – nicht von ihm, sondern aus ihnen. Den Anderen. Den Noch-Nicht-Erwachten.
"Sie fürchten uns", flüsterte er. "Aber nicht weil wir anders sind. Weil wir zeigen, was sie sein könnten."
Kalima nickte kaum merklich. Es war wie ein Echo ihres eigenen Gedankens. Die Räume waren voller Angst. Keine offenen Drohungen, keine greifbare Gewalt – aber etwas Tieferes. Die Angst der Menschen vor Auflösung, vor Kontrollverlust, vor Entgrenzung. Sie war wie ein dunkler Schleier über allem, und jeder Blick, jedes Wort, jede Geste war durchdrungen davon.
Eine junge Ärztin – zart, mit violetten Augenringen – beugte sich über Kalima. Sie sprach ruhig, professionell. Doch in ihrem Innern tobte ein Sturm. Kalima hörte ihn. Fühlte ihn. Die Angst vor Ansteckung, vor Andersartigkeit, vor dem Zerbrechen des eigenen Weltbildes.
Später stand Duran an einem Fenster, das keines war – nur ein Bildschirm mit simuliertem Himmel. Er streckte die Hand aus, als wollte er durch Glas greifen, aber die Kälte kam von innen.
"Wir sollten zurück", sagte er. "Bevor es uns vergiftet."
Doch der Weg war nicht mehr da. Die Zone hatte sie entlassen, nicht verbannt – aber gewandelt. Die Schwelle war nicht rückwärts begehbar.
Und in einem der Korridore hörte Kalima ein Flüstern – nicht mit den Ohren, sondern mit jenem Sinn, der zwischen den Sinnen lebt. Es war keine Stimme. Es war die Angst selbst. Roh. Persönlich. Sie formte keine Worte, aber sie sagte alles:
Bleibt nicht. Ihr seid ein Fehler. Ein Riss. Eine Gefahr.
Kalima schloss die Augen. Ihre Hände zitterten nicht. Aber ihr Herz wusste: Das Echo der Dunkelheit war nicht nur Vergangenheit. Es lebte – in jenen, die sich sicher wähnten.
Letzter Satz:
Und zum ersten Mal seit der Rückkehr spürte sie den Wunsch, nicht mehr Teil dieser Welt zu sein.