Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen

Buch 3

Das letzte Licht


Teil 10 - Letztes Licht

Kapitel 241: Jenseits des Lichts

Örtlichkeit: Transitorische Zone zwischen Erinnerung und neuer Welt
Leitmotiv: Wahrheit hinter dem Sichtbaren

Der Moment des Durchgangs war kein Riss, kein Knall, kein Lichtblitz. Es war ein Lautloswerden. Als hätte selbst die Zeit das Atmen vergessen.
Die Gruppe stand auf etwas, das weder Boden noch Licht war. Ein Schimmer aus transluzenter Erinnerung pulsierte unter ihren Füßen – als bestünde der Raum aus verflüssigter Geschichte, aus allem, was gewesen war, ohne je vollständig geworden zu sein.

Kalima spürte keinen Körper mehr, nur Gewicht – das Gewicht ihres Lebens, das sich nun löste wie ein Schleier im Wind.
Ashir blickte umher, suchte nach Kanten, nach Orientierung, doch das hier war kein Ort. Es war ein Zustand.

Dann, plötzlich: ein Puls.
Die Fläche unter ihnen zuckte, verformte sich. Bilder stiegen auf wie Dampf: ein zerbrochener Helm, eine kniende Mutter, eine verlassene Koloniekuppel. Jeder von ihnen sah etwas anderes. Und doch war es dasselbe: Die Wahrheit über ihre Herkunft, ihre Schuld, ihre Träume – fragmentiert, gespiegelt, unvermeidlich.

Yana – nun klar als eines der Xhorr-Kinder erkennbar – trat vor. Ihr Körper war blasser geworden, fast durchscheinend, als würde sie selbst zur Erinnerung werden. Sie berührte mit der flachen Hand eine Lichtschicht, die sich daraufhin kräuselte wie Wasser im Wind.

Ein Bild erschien. Kein Hologramm, keine Projektion – sondern ein Gedanke, so alt wie das erste Wort der Xhorr:
Eine Gestalt, hochgewachsen, mit Augen aus flüssigem Licht, trat aus der Tiefe. Sie sprach nicht, aber ihr bloßes Erscheinen erschütterte den Raum.

Ashir fiel auf die Knie.
"Was ist das?", flüsterte Duran.

"Nicht was", antwortete Kalima. "Sondern wer."

Die Gestalt hob die Hand. Die Luft zerschnitt sich selbst in Wellen von Bedeutung. Kein Laut war hörbar, und doch verstand jeder von ihnen:
Ihr habt die Grenze überschritten. Aber nicht alles wird euch folgen.

Ein weiterer Puls.
Der Lichtboden zersplitterte in Spiralen aus Erinnerung. Namen stiegen auf. Entscheidungen. Fehler. Und Möglichkeiten.

Sie waren angekommen – aber sie waren noch nicht da.

"Und was, wenn das Ziel nur ein Spiegel war?", dachte Kalima – "und wir uns selbst durchqueren müssen?"

Sie gingen weiter, inmitten der flackernden Bilder, als wären sie selbst ein Traum, der sich zu erinnern beginnt.

Letzter Satz:
"Und während sie gingen, begannen die ersten Schatten zu sprechen."