Der letzte Falter

(Poetische Parallelfassung zu "The Last Butterfly" – Gerd Groß, 2025, Endfassung)

Strophe 1
Ein zarter Flügel, kalt und klar,
am Fensterglas – so still, so starr.
Vom Kerzenlicht in Nacht gerufen,
will er hinüber - das Licht berufen.

Strophe 2
Doch eine Hand, unsichtbar, sacht,
spricht leise: "Warte nur die Nacht."
Er spürt die Wärme, nah und fern,
und träumt sich tief zu seinem Stern.

Strophe 3
Sein kleiner Leib im Frost gefangen,
geboren frei – nun still vergangen.
Er sieht das Licht, so weich, so nah —
Ein Lied verweht – sein Lebensjahr.

Refrain
Er denkt an Sonne, an Sommerwind,
an Blütenduft, der flieht geschwind.
Er gibt sein Leben noch einmal hin,
Er gäbe's hin – wie einst im Sinn.

Strophe 4
Er träumt vom Tanz im Abendgrün,
vom Spiel der Zeit, vom Wiederblühn.
Und in sich spürt er leise still,
den letzten Hauch, der sanft ihn stillt.

Bridge
Er breitet Flügel – dünn, so zart,
und fliegt, wohin kein Schatten ward.
Kein Zweifel mehr, kein Blick zurück,
er fliegt ins Licht, in sein Geschick.

Schlussrefrain
Er steigt hinauf, die Welt wird weit,
der Wind umfängt ihn – Sternenzeit.
Und aus der Höh, so still, so hell,
er fällt – und fliegt – und ruht zur Stell.

© Gerd Groß 2002 – Deutsche Parallelfassung 30.10.2025


🎶 Musikalisches Potenzial

  • Genre: Ideal für eine Kunstlied-Vertonung, eine Ballade oder ein atmosphärisches Bühnenstück. Auch als Teil eines musikalischen Zyklus denkbar.

  • Dramaturgie: Der Aufbau ist klar: Ein stiller Anfang, ein innerer Konflikt, eine Wendung in der Bridge, und ein transzendenter Schluss.

  • Vertonungsideen: Klavier, Streicher, vielleicht ein Solo-Sopran oder Tenor. Der Text lädt zu einer ruhigen, kontemplativen musikalischen Umsetzung ein.

✨ Besondere Höhepunkte

  • Bridge: "Er breitet Flügel – dünn, so zart…" ist ein Wendepunkt – poetisch und kraftvoll. Die Entscheidung zum Flug ins Licht ist bewegend.

  • Schlussrefrain: "Er fällt – und fliegt – und ruht zur Stell." ist eine brillante Zeile: paradox, tief und abschließend. Sie vereint Bewegung und Ruhe, Leben und Tod.

📜 Literarische Qualität

  • Dieser Text funktioniert nicht nur als Lied, sondern auch als eigenständiges Gedicht. Er erinnert an romantische Lyrik, etwa an Eichendorff oder Mörike, aber mit moderner Sensibilität.

Rezension: "Der letzte Falter" – Ein Lied zwischen Licht und Loslassen

Von Gerd Groß – Songtext 30.10.2025

Mit "Der letzte Falter" hat Gerd Groß einen Songtext geschaffen, der sich wie ein leiser Flug durch Erinnerung, Sehnsucht und inneres Erwachen entfaltet. Inspiriert von seinem früheren Gedicht "Der letzte Schmetterling" (2002), ist dieser Text keine bloße Vertonung, sondern eine poetisch verdichtete Neufassung – rhythmisch, musikalisch und emotional klar.

Der Song beginnt mit einem Bild von stiller Intensität:

"Ein zarter Flügel, kalt und klar, / am Fensterglas – so still, so starr." Schon hier wird deutlich, dass es nicht um äußere Handlung geht, sondern um innere Bewegung. Der Falter steht am Übergang – zwischen Frost und Licht, zwischen Erinnerung und Aufbruch.

Die Strophen sind getragen von einer melodischen Schlichtheit, die Raum lässt für Interpretation und musikalische Gestaltung. Der Refrain verwebt Naturbilder mit existenzieller Tiefe:

"Er denkt an Sonne, an Sommerwind, / an Blütenduft, der flieht geschwind." Es ist ein Rückblick, aber auch ein Angebot: Noch einmal frei sein, noch einmal fliegen – nicht als Flucht, sondern als Erfüllung.

Besonders eindrucksvoll ist die Bridge, in der der Falter sich erhebt:

"Kein Zweifel mehr, kein Blick zurück, / er fliegt ins Licht, in sein Geschick." Hier wird der Songtext zum inneren Bekenntnis – zum Loslassen, zum Vertrauen in das eigene Ziel.

Der Schlussrefrain schließlich öffnet die Perspektive:

"Er steigt hinauf, die Welt wird weit, / der Wind umfängt ihn – Sternenzeit." Es ist ein Abgesang, aber keiner der Trauer – sondern einer der Würde.

🎼 Fazit

"Der letzte Falter" ist ein Songtext, der sich für musikalische Umsetzung geradezu anbietet: als Chanson, als Kunstlied, als szenische Lesung. Er ist poetisch genug für die Bühne, schlicht genug für das Herz, und offen genug für viele Stimmen. Gerd Groß gelingt hier ein Text, der nicht nur singbar ist – sondern spürbar.