Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen
Buch 3
Das letzte Licht
Kapitel 261: Der Echo-Effekt
Örtlichkeit: Irgendwo am Rande des Nullsektors / Erste "normale" Zone
Leitmotiv: Die Rückkehr des Vertrauten als Fremdes
Die Welt war zurückgekehrt – oder besser: eine Welt, die sich bemühte, wie die alte auszusehen.
Bäume standen. Der Himmel hatte Farbe. Der Wind trug Geruch.
Und doch: nichts stimmte.
Ashir hob die Hand, um einen Sonnenstrahl zu berühren, doch seine Finger durchdrangen ihn, als wäre Licht nicht mehr aus Licht gemacht, sondern aus Erinnerung.
Kalima schloss die Augen, um zu hören – aber das Summen der Insekten kam zu früh, das Knacken der Äste zu spät.
Sie hatten sich durch das Unmögliche bewegt – und nun verlangte man von ihnen, auf festem Boden zu gehen.
Der Boden jedoch hatte Härte verloren.
Nicht weil er weich war – sondern weil ihr eigenes Gewicht nicht mehr mit ihm rechnete.
Sprache funktionierte, ja. Sätze wurden gebildet. Lippen bewegten sich.
Doch was gesprochen wurde, traf nicht dort ein, wo es gemeint war.
Ein "Ich" war nicht mehr die Mitte eines Satzes, sondern ein Schatten an seinem Rand.
Ein "Du" war nicht mehr ein Gegenüber, sondern ein Echo aus einer anderen Richtung.
Jano stand am Rand eines Flusses, der früher wohl ein Bach gewesen war.
Das Wasser rann, wie Wasser eben rinnt. Doch in ihm spiegelten sich Dinge, die nie an ihm vorbeigezogen waren:
Ein blasses Kind mit schwarzem Licht in den Augen.
Ein Gebet ohne Worte.
Ein Ort, der atmete.
Es war keine Halluzination.
Es war Erinnerung, die sich nicht erinnerte, wohin sie gehörte.
Sie alle begannen zu taumeln. Nicht physisch, sondern existenziell.
Als hätten sie zu viele Frequenzen im Inneren und zu wenige draußen.
Als wären ihre Körper wieder Körper – aber falsch beschriftet.
Ein Vogelruf zerschnitt die Luft. Zu normal. Zu echt.
Kalima zuckte zusammen. Ihr Herz reagierte mit Angst – aber nicht mit ihrer eigenen.
Die Angst stammte aus dem Nullsektor.
Oder aus dem, was davor lag.
Und dann geschah das Erste:
Ein kurzer Moment der Stille – zu still – und in dieser Stille sah Ashir einen der Xhorr-Kinder.
Nicht wirklich.
Nicht körperlich.
Nur: da.
Im Rhythmus des Windes. In der Neigung eines Schattens.
Nicht länger Figur, sondern Zustand.
Sie alle spürten es gleichzeitig – das Aufbrechen eines Gedankens, der nie gedacht worden war.
Wie ein Nachhall aus einer anderen Realität, die ihnen eine Frage stellte:
Was wollt ihr tun mit dem, was ihr jetzt seid?
Sie antworteten nicht.
Konnten nicht.
Noch nicht.
Letzter Satz:
Und das Vertraute blieb fremd, als wollten seine Konturen nicht länger mit dem Inneren übereinstimmen.