Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen

Buch 3

Das letzte Licht


Kapitel 258: Die Umkehr der Linie

Örtlichkeit: Zerrinnendes Raumkontinuum
Leitmotiv: Rückwärts durch das Entstehen – Die Zeit löst sich

Zuerst war das Echo.
Dann der Klang.
Dann der Gedanke, der ihn hätte hervorbringen können.
Aber keiner erinnerte sich mehr daran, was zuerst gedacht worden war.

Die Welt drehte sich nicht.
Sie faltete sich.
Wie Papier, das man vergessen hatte zu beschreiben, und das nun von innen her zu leuchten begann.

Ashir sah seine eigenen Schritte rückwärts durch das Staubfeld gleiten.
Die Abdrücke füllten sich.
Janos Hand löste sich von der Schulter Kalimas – langsam, beinahe zärtlich – und glitt zurück an seinen Körper, als wäre jede Berührung ein vergangenes Versprechen.

Der Raum zitterte. Nicht vor Instabilität, sondern vor Wissen.
Jede Bewegung schien doppelt – ein Tun und ein Rücknehmen.
Ein Wollen und ein Erinnern daran, es nicht gewollt zu haben.
Die Luft war schwer von Ereignissen, die sich entstrickten.

Der Fluss der Zeit war kein Strom mehr – sondern ein Atmen.
Ein Heben und Senken.
Vergangenheit und Zukunft lagen übereinander wie transparente Häute,
und jeder Blick durchdrang sie –
wurde Teil von dem, was war, weil er wusste, was sein würde.

Und plötzlich war da wieder die Schuld.
Nicht als Last.
Sondern als Frage.
Wie eine Münze, die jemand warf, ohne zu wissen, auf welchem Spiel sie stand.
Nur: Die Münze fiel nicht. Sie drehte sich rückwärts in die Hand zurück, die sie warf.

Sie standen inmitten dieser Umkehr.
Nicht als Opfer, sondern als Zeugen.
Nicht als Erzählende, sondern als jene, die bereit waren, das Gesagte wieder ungesagt zu machen.

In einem flüchtigen Moment erinnerte sich Kalima an das Lichtkind –
aber dieses Mal, bevor es geboren wurde.
Sie spürte die Weite ihres Körpers vor der Öffnung,
und wusste: Geburt war nicht Anfang, sondern das Erinnern an eine Entscheidung,
die vor der Zeit getroffen worden war.

Niemand sprach.
Denn jedes Wort hätte neu geformt, was sich gerade entformte.

Jano blickte in einen Spiegel, der keiner war –
nur Fläche, nur Bewegung.
Und er sah sich selbst, bevor er Schuld kannte.
Ein Bild aus Licht.
Ein Kind.
Ein Niemand, der einst alles war.

Letzter Satz:
Und in der völligen Umkehr begriffen sie, dass sie nicht auf ein Ende zusteuerten – sondern auf den Moment vor dem Anfang.