Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen
Buch 3
Das letzte Licht
Kapitel 237: Erwachen der Erinnerung
Örtlichkeit: Ruinen eines Tempels
Leitmotiv: Vergangenheit trifft Zukunft
Der Wind war hier anders. Er trug Staub in sich, aber auch Stimmen – als hätte er seit Äonen gewartet, gehört zu werden.
Die Gruppe trat ein in das, was von einem Tempel geblieben war: hohe, zerschlagene Bögen, halb versunkene Statuen, ein Boden aus Glyphen, die sich dem Verstehen entzogen. Risse durchzogen die Wände wie geöffnete Adern, aus denen keine Zeit, sondern Geschichte sickerte.
Kalima berührte eine der Säulen. In ihrem Inneren begann etwas zu flirren. Bilder, ungerufen und mächtig, durchzuckten sie: Kinder mit leuchtenden Augen, einst von Menschen geschaffen und dann vergessen – nicht aus Böswilligkeit, sondern aus Angst vor dem, was sie geweckt hatten. Die Xhorr-Kinder waren nicht bloß Überlebende – sie waren Träger einer verlorenen Zukunft, die nie sein durfte.
Ashir stand schweigend in der Mitte des Raumes. Unter seinen Füßen aktivierte sich ein Mosaik – Spiralen aus Licht krochen die Wände hinauf, tasteten über Glyphen und Fragmente hinweg. Der Tempel begann zu antworten. Kein mechanisches Summen, sondern ein Singen, tief aus dem Stein, getragen von Erinnerung.
Und da war es wieder – ein Echo, das Duran bis in die Knochen schnitt: das Gespräch mit einem Programmleiter, Jahre vor dem Fall.
"Die biologisch-adaptiven Sequenzen reagieren gut auf Fürsorge. Aber wenn sie beginnen, zurückzulieben, wird's gefährlich. Dann wollen sie mehr, als wir steuern können."
Duran hatte genickt, hatte geschwiegen. Doch in ihm war damals schon ein Riss entstanden – leise, aber endgültig.
Jetzt, hier, unter uralten Gewölben, spürte er: Die Kinder hatten nicht vergessen. Und sie warteten nicht auf Vergebung – sie boten Verbindung an.
Ein Projektor aus Licht – alt, organisch, pulsierend – erwachte in der Luft. Er zeigte keine Bilder, sondern Empfindungen. Wärme, Angst, Hoffnung, Verrat. In Wellen tastete die Vergangenheit nach der Gegenwart. Und alle, die anwesend waren, fühlten: Sie waren Teil davon geworden, lange bevor sie diesen Ort betreten hatten.
Eru trat vor, das Xhorr-Kind mit den weiten, dunklen Augen. Es wirkte älter, stiller als zuvor. Es zeigte auf ein Muster aus ineinander verschlungenen Spiralen, das langsam in den Boden einsank. Es war keine Karte. Es war ein Pfad – zwischen Erinnerung und Entscheidung. Und wer ihn betrat, verließ das Alte.
Die Gruppe stand still. Niemand sprach. Doch jeder wusste, dass sie von nun an anders gingen.
Letzter Satz:
Und in der Asche einer vergessenen Welt begann etwas zu atmen, das nie ganz gestorben war.