Der Junge von Nebenan

Kapitel 41: Wenn es brennt


Leo kam zu spät.
Die Tür stand offen. Ein beißender Geruch hing in der Luft – verbranntes Plastik. Eine Matte rauchte noch. Ayla stand draußen, das Handy in der Hand, zitternd.
"Ich war nur kurz weg", flüsterte sie. "Fünf Minuten."
Innen: Chaos. Umgeworfene Bänke. Zerschnittene Poster. Rauch an der Decke.
Eren saß am Rand. Die Beine angezogen. Stumm.
Leo rief David. Dann die Polizei. Dann die Feuerwehr – aus Prinzip.
Der Tag war ein Nebel aus Fragen, Schweigen, Aufräumen.
Später, als sie allein auf dem Boden saßen, die Hände um eine Tasse Tee geklammert, begann David langsam:
"Leo… hast du eigentlich einen Verdacht, wer das gemacht haben könnte?"
Leo presste die Lippen zusammen. "Ich… ich hab' an Chiko gedacht."
David nickte langsam, wie jemand, der es befürchtet hat, aber es auszusprechen schwerfällt.
"Die Bande ist nicht begeistert von dem, was wir hier aufbauen. Das ist ihr Revier, ihre Regeln. Ein Ort, der anders ist, kann für sie eine Bedrohung sein."
Leo schluckte. Ein heißer Kloß stieg ihm in die Kehle. "Ich hab' mich gefragt, ob ich wütend sein soll. Ob ich ihnen das übelnehmen kann. Aber dann…"
Er schaute zu David, suchte in seinen Augen nach einer Richtung.
"Was, wenn das nicht nur Ärger ist? Sondern Angst? Angst davor, dass sich was verändert."
David legte die Hand auf Leos Schulter. "Genau deshalb müssen wir klug sein. Das Hier ist mehr als ein Raum. Es ist eine Haltung. Aber wir dürfen uns nicht in Feindschaften verstricken, die wir nicht kontrollieren können."
Leo nickte langsam. "Wenn wir zu schnell handeln, könnten wir die Jungs vertreiben, die wir eigentlich erreichen wollen. Aber wenn wir nichts tun…"
Er seufzte. "…dann riskieren wir, dass es kaputtgeht. Nicht nur der Raum. Sondern alles, was wir aufgebaut haben."
David sah ihn ernst an. "Wir müssen rausfinden, was wirklich hinter dem Feuer steckt. Beweise sammeln, reden, beobachten. Und immer daran denken: Unsere Stärke liegt darin, dass wir bleiben. Auch wenn andere gehen."
Leo schaute zum Fenster, wo die letzten Rauchschwaden sich verloren. Ein neuer Kampf, dachte er. Kein Ring. Keine Handschuhe. Sondern ein stiller Kampf um Vertrauen, Respekt und Zukunft.
"Dann machen wir das so", sagte er leise. "Wir lassen uns nicht einschüchtern. Aber wir kämpfen klug."
David nickte. "Genau so. Schritt für Schritt. Immer."
Und in dieser Nacht schlief Leo nicht einfach schlecht – er schlief mit einem Plan. Und dem festen Willen, dass sie diesen Ort nicht verlieren würden.