Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen
Buch 2
SCHATTENKRIEG
Kapitel 194: Die Schwelle zwischen den Systemen
Örtlichkeit: Annäherungsvektor auf J'Kalae / Tarnkorridor 3 / Kalima Ortegás Außeneinheit
Leitmotiv: Wer die Wahrheit trägt, darf keinen Schatten fürchten
Kalima wusste nicht, was sie führen würde.
Nur dass sie folgen musste.
Nicht den Befehlen.
Nicht den Protokollen.
Sondern jenem kaum spürbaren Echo, das sie seit Tagen begleitete.
Ein Flirren hinter dem Denken.
Ein Flüstern am Rand ihrer Träume.
Und dann: Koordinaten. Keine Zahlen. Sondern eine Empfindung.
Ein Ort, den kein System je kartografiert hatte, weil er sich der Absicht entzog.
Ein Ort, der nur existierte, wenn man bereit war, nicht zu befehlen.
Sie war allein.
Oder besser: unbegleitet.
Denn allein war sie nicht.
Nicht mehr.
Die Überreste ihres Shuttles – "Sondermission 9" – waren umgebaut worden zu einer minimalistischen Einheit für Langzeitsuche.
Kein Offensivsystem, keine KI.
Nur Stille.
Und Geduld.
Als sie den Mond erreichte, veränderte sich der Raum.
Nicht abrupt.
Sondern wie ein Innehalten in der Zeit.
Der Antrieb flackerte.
Die Anzeigen zeigten nichts.
Und dann erschien etwas.
Keine Struktur.
Kein Licht.
Nur ein Punkt.
Ein einziger Punkt im Sichtfeld, der nicht von außen kam – sondern von innen.
Sie lenkte ihr Schiff nicht.
Es wurde gelenkt.
Nicht mit Gewalt.
Sondern mit einer Einladung.
Kalima, formte der Impuls.
Keine Stimme.
Kein Befehl.
Nur ein Gedanke.
Und darin ein anderer: Duran.
Sie hielt den Atem an.
Nicht aus Angst.
Sondern aus Gewissheit.
Sie war da.
Und er auch.
Und etwas Drittes – noch nicht greifbar, aber wach.
Das Schiff setzte auf.
Keine Erschütterung. Keine Landung im klassischen Sinn.
Nur eine Verankerung in etwas, das mehr fühlte als Materie.
Die Tür öffnete sich.
Vor ihr: kein Empfangskomitee.
Kein Licht.
Nur der schlichte Weg in eine Vegetation, die nicht gebaut war, sondern geatmet hatte.
Sie trat über die Schwelle.
Und wusste:
Jetzt würde es kein Zurück mehr geben.
Nicht für sie.
Nicht für die Wahrheit.
Nicht für die Menschheit.
Letzter Satz:
Manche Grenzen lassen sich nicht überschreiten – man muss sie auflösen, indem man anders wird.