Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen

Buch 2

SCHATTENKRIEG


Kapitel 173: Die stille Flucht

Örtlichkeit: Orbitale Kontrollbasis Thalos IX, Überwachungsring um Kolonie 5
Leitmotiv: Loyalität – und was sie kostet

Der Raum war voller Licht, aber niemand sah.
Duran stand allein in der Beobachtungskammer. Auf dem Bildschirm: das innere Areal der Kolonie, in dem das letzte überlebende Alienwesen isoliert wurde. Bewegung: keine.
Aber seit Tagen zählte Duran etwas anderes – Impulse im Frequenzband, das offiziell nicht existierte.

"Wir registrieren keine Aktivität. Subjekt Xhorr-1 bleibt passiv."

Doch Duran wusste: Es war ein Trugschluss.
Der Kommandant hatte Stunden in dem Raum verbracht. Alleine. Ohne Protokoll, ohne Aufzeichnung. Seitdem sprach er weniger, schlief kaum, und vermied den Stab.
Etwas stimmte nicht.

"Es ist nicht gefährlich", sagte man.
"Es ist erledigt", sagte man.
"Es ist besiegt."

Und dennoch hatte Duran heute zum dritten Mal den Befehl verweigert, das Archiv zu löschen.
Nicht aus Trotz.
Nicht aus Angst.
Sondern aus einer Ahnung, die wie eine Krankheit unter seiner Haut wuchs.

Spät in der Nacht betrat er das gesperrte Deck 9.
Zugangscode: blockiert.
Biometrie: verweigert.
Aber Duran hatte einst das System mitentwickelt.
Und es gab Wege, die nur denen offen standen, die einst blind vertrauten.

Er drang ein in die abgeschaltete Kommunikationskammer.
Keine Daten. Kein Ton.
Nur ein Bild: Der Kommandant – sitzend im Isolationsraum, das Haupt gesenkt, das Wesen gegenüber, nicht mehr Feind, nicht mehr Form.
Und eine seltsame Linie aus Licht, die zwischen ihren Köpfen pulsierte.

Duran zog sich zurück.
Langsam.
Schwer atmend.

Er wusste, was das bedeutete.
Nicht für das Militär.
Nicht für den Krieg.
Sondern für das, was man Wahrheit genannt hatte.

Am Ende der Nacht deaktivierte er seinen ID-Transponder, nahm nur eine Feldration mit und verschwand über das ungenutzte Dock 17 in ein Versorgungsshuttle.
Kein Ziel. Kein Befehl.
Nur ein Entschluss.

Letzter Satz:
"Vielleicht war das, was man Flucht nannte, in Wahrheit der erste Schritt zur Loyalität – zu etwas Größerem als uns selbst."