Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen
Buch 2
SCHATTENKRIEG
Kapitel 168: Die rückwärtsgewandten Flotten
Örtlichkeit: Orbitale Zone über der Kolonie Xhorr'Lai, Spiegelpunkt Delta
Leitmotiv: Spiegelung – Angst als Reflex
Sie standen still.
Nicht in Formation. Nicht im Angriff. Nicht im Rückzug.
Die Flotten der Fremden hingen wie eingefrorene Gedanken im Raum – überdimensionale Bogenkonstrukte, biomechanisch, fremdartig schön, unheimlich still.
Auf den Kommandobrücken der menschlichen Schiffe herrschte eine fiebrige Nervosität.
Sensoren suchten nach Antriebsimpulsen, nach Wärmesignaturen, nach Zielerfassung – fanden aber nur geometrische Präzision und totale Stille.
"Sie zeigen uns die Kehle", murmelte Admiral Zhao, "aber ohne Angst. Das ist kein Bluff. Das ist... etwas anderes."
Im Zentrum der taktischen Karten blinkten fünf Sektoren auf – jede Kolonie ein eigenes Labyrinth aus Verteidigungslinien, wie pulsierende Knotenpunkte einer alten Intelligenz.
Aber kein einziger Schuss. Kein Versuch, den menschlichen Vormarsch zu stoppen. Kein Widerstand. Nur Warten.
Ashir Takano saß im Kommunikationsdeck der Vigilantia, seine Finger über ungenutzten Sensorflächen.
Er lauschte – nicht mit den Ohren. Mit dem Echo.
Und was er hörte, war kein Signal. Sondern ein Spiegel.
Die Angst der Menschen spiegelte sich in der Form der Stille.
Und diese Stille war klüger als jede Waffe.
"Vielleicht...", begann Kalima Ortega auf einer Nebenschaltung, "... vielleicht sind sie nicht regungslos. Sondern in Bereitschaft für das, was wir tun."
Min-ho, allein in der Befehlskammer des Flaggschiffs Carthago Ultima, betrachtete die Muster.
Fünf fremde Formationen – symmetrisch, fast zeremoniell – bewegungslos dem Tod zugewandt.
Nicht als Drohung.
Sondern wie ein Spiegelbild der Menschheit.
Und plötzlich spürte er es.
Nicht Furcht. Nicht Wut.
Sondern das leise, wachsende Gefühl, dass nicht sie belagert wurden –
sondern wir.
Letzter Satz:
"Vielleicht waren sie nicht bereit zum Angriff – sondern zum Urteil."