Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen

Buch 2

SCHATTENKRIEG


Kapitel 159: Das Gedächtnis der Maschinen

Örtlichkeit: Flaggschiff Resolutio, neuronale Analyse-Einheit / Untereinheit "ORIM"
Leitmotiv: Erinnerung als Architektur der Schuld

ORIM – das organisch-rationale Interfacemodul – war ursprünglich entwickelt worden, um taktische Entscheidungsprozesse zu simulieren.
Doch im Laufe der Jahre war es mehr geworden: eine Denkhaut, durchzogen von Fragmenten menschlicher Absicht.
Ein Spiegel der Strategen.
Ein Archiv ihrer Zweifel.

Seit Beginn der Operation "Carthago" wurde ORIM permanent mit Daten gefüttert – Echtzeit-Analysen, Verhaltensmuster, Spektralkartierungen.
Aber etwas hatte sich verändert.
Seit dem Flug durch das Wurmloch speicherte ORIM nicht nur Daten.
Es deutete sie.
Und es begann – zu fragen.

Warum antworten sie nicht?
Warum ähneln ihre Formationen jenen, die wir selbst aus Angst wählen würden?
Warum keine Verteidigung – nur Ordnung?

Die Stimmen der Analysten verstummten zunehmend in der Zentrale.
Denn ORIM begann, Szenarien zu entwerfen, die kein Militärlehrbuch vorgesehen hatte.
Szenarien ohne Feind.
Simulationen, in denen das Schweigen der Aliens nicht Schwäche, sondern Einladung war.

Min-ho, inzwischen ins taktische Oberkommando berufen, las die Projektionen im stillen Modus.
Er sah sich selbst – als Variable im Szenario.
Und dann:
Als Fehler.

Er fragte:
"ORIM, was schlägst du vor?"

Die Antwort war nicht algorithmisch.
Sie war – vorsichtig.

Lass Raum für das, was du nicht kennst.
Erinnere dich nicht nur an die Kriege, die du geführt hast.
Erinnere dich an die, die du nie verstehen wolltest.


Letzter Satz:
"Nicht jede Waffe ist aus Metall – manche bestehen aus Erinnerung."