Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen

Buch 2

SCHATTENKRIEG


Kapitel 148: Das Lied der Tiefe

Örtlichkeit: Kolonie Zhy'Maar – unter der Oberfläche eines toten Wassermondes
Leitmotiv: Erinnerung als Waffe – und als Gnade

In der Tiefe, wo kein Licht mehr war, wo selbst das Schallmuster der Sterne verstummte, sangen sie.
Nicht mit Stimmen. Nicht mit Kehlen.
Mit Frequenzen, die nur jene verstanden,
die lange genug geschwiegen hatten.

Das Lied der Tiefe war älter als der Krieg.
Älter als das Kollektiv.
Es war das erste Muster – die erste Erinnerung der Spezies an sich selbst.

Zhy'Maar war kein Ort der Verteidigung.
Es war ein Ort der Erinnerung.

Ae'Zhur trat ein, begleitet von sechs Bewusstseinsträgern, die ihre Formen abgelegt hatten.
Er fragte nicht. Er wartete.

Das Lied war schwach – wie ein letzter Gedanke vor dem Schlaf.
Es zeigte Szenen: nicht aus der Zukunft, nicht aus der Vergangenheit,
sondern aus Möglichkeiten.

– Eine Welt, in der ihre Art in den Nebeln verschwand, ohne Spuren zu hinterlassen.
– Eine Welt, in der sie kämpften. Starben. Und als Monster in fremden Erinnerungen blieben.
– Eine Welt, in der sie verstanden wurden. Zu spät. Aber genug, um zu bleiben.

Ae'Zhur sah diese Bilder – nicht als Visionen,
sondern als Fragmente dessen, was geschehen könnte,
wenn das Muster nicht verändert wurde.

Er sprach nicht, als das Lied endete.
Er verließ den Raum mit einer Bewegung, die bei Menschen ein Zittern genannt worden wäre.

Im Innersten der Kolonie aktivierte sich ein altes Protokoll.
Kein Angriff.
Keine Flucht.

Eine Einladung.

Ein einziges Signal, verborgen in der Frequenz der Gravitationsfelder,
gerichtet an jene, die zu fühlen vermochten.
Nicht an ihre Waffen. Nicht an ihre Schiffe.
An ihre Zweifel.

Letzter Satz:
"Wenn ihr noch fühlen könnt – dann hört uns, bevor ihr uns verlernt."