Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen

Buch 2

SCHATTENKRIEG


Kapitel 126: Die Linien unter der Haut

Örtlichkeit: Trainingslager AEGIS-Süd, Subarktische Zone, ehemaliges Grönland
Leitmotiv: Formung durch Entmenschlichung

Der Wind schnitt durch das Camp wie ein Messer ohne Griff.
Hier wurde niemand geboren, nur neu zusammengesetzt.
AEGIS-Süd war kein Ort – es war ein Prozess.

Kommandant Yarun Kaas beobachtete den Drill der Rekruten.
Man nannte sie Kaderkinder,
weil sie keine Herkunft mehr hatten.
Nur Seriennummern,
und das Glühen in den Adern von kontrolliertem Adrenalin.

Eine von ihnen – Einheit S-221, Codename Lira –
bewegte sich anders.
Nicht schneller. Nicht schwächer.
Aber mit einem Rest Rhythmus,
wie Musik aus einer Welt, die längst verstummt war.

Kaas ließ sie antreten.
Keine Strafe, kein Lob – nur ein Blick.
"Du träumst", sagte er.

Sie antwortete nicht.
Aber in ihren Augen: ein Echo.
Kein Widerstand. Kein Gehorsam.
Etwas Drittes.
Noch namenlos.

Am Abend durchlief Kaas die Aufzeichnungen der psychoneuralen Scans.
Bei Lira: Abweichung in der emotionalen Inhibitionsschwelle.
Minimal.
Aber vorhanden.
Und sie korrelierte mit einem anderen Profil.

Ashir Takano.

Kaas aktivierte eine versiegelte Anfrage an das Oberkommando:
"Zulassung zur direkten Reprogrammierung oder Umschichtung in Sonderprotokoll?"

Die Antwort kam schneller als erwartet:
"Beobachten. Noch nicht eingreifen."

Er schloss das Terminal.
Draußen begann es zu schneien –
und irgendwo im weißen Nichts glaubte er,
die Silhouette einer Entscheidung zu sehen,
die längst getroffen war.

Letzter Satz:
"Nicht alle Linien verlaufen an der Oberfläche – manche brennen sich durch die Zukunft selbst."