Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen
Buch 1
DIE ANKUNFT
KAPITEL 83: DIE STIMME DER TIERE
Örtlichkeit: Yuruparí-Region, Amazonas
Leitmotiv: Wer zuhört, hört früher.
Naima hockte im feuchten Gras.
Kein Geräusch – außer dem Rascheln der Blätter
und dem leisen Schnalzen des Wassers,
das sich zwischen den Baumwurzeln sammelte.
Vor ihr lag das verletzte Kapuzineräffchen.
Sein Bein war geschwollen, die Atmung flach.
Aber es zitterte nicht mehr.
Neben ihr: der Replikant.
Er hatte sich nicht bewegt.
Nicht seit Stunden.
Seine Haut war grau, fast durchsichtig.
Wie Stein im Regen.
Doch das Tier hatte sich an ihn gelehnt.
Zuerst zögernd, dann ruhig.
Naima hatte nie gelernt, mit Maschinen zu sprechen.
Aber sie wusste, wie man wartete.
Und so wartete sie.
Nach einer Weile begann der Wind zu drehen.
Vögel zogen kreisförmig über die Lichtung.
Ein Schwarm Libellen hielt kurz inne –
wie an einem unsichtbaren Signal.
Und dann begann der Replikant sich zu neigen.
Langsam.
Nicht wie ein Gerät,
sondern wie jemand, der… lauschte.
Naima hielt den Atem an.
Der Replikant hob eine Hand.
Die Geste war keine Einladung.
Keine Warnung.
Es war ein Echo.
Ein Ton.
Fast nicht hörbar.
Doch das Äffchen hob den Kopf.
Und aus dem nahen Dickicht trat ein Tapir –
ruhig, wachsam, unerschrocken.
Es blieb stehen.
Sah den Replikanten an.
Dann Naima.
Und blieb.
Die Tiere gingen nicht mehr fort.
Nicht seit Tagen.
Nicht, weil sie gezwungen wurden.
Sondern weil sie… wussten.
"Sie haben verstanden, was wir nicht sehen", murmelte Naima.
"Sie fliehen nicht,
weil sie längst angekommen sind."
Die Maschine sagte nichts.
Aber sie senkte den Kopf.
Nicht vor ihr.
Nicht vor der Welt.
Sondern vor etwas,
das älter war als Worte.
Letzter Satz:
Und in diesem Moment war es nicht die Maschine, die Naima vertraute – sondern der Rhythmus, den sie beide endlich teilten.
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