Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen

Buch 1

DIE ANKUNFT


Kapitel 53: Die zweite Welle

Örtlichkeit: Weltweit – simultane Berichte
Leitmotiv: Nicht alles, was geschieht, will verstanden werden.

In den Regierungskreisen von Washington, Moskau, Neu-Delhi und Paris sprach man von einem Rückzug.
Von Schwäche.
Von einem erfolgreichen taktischen Eingriff.
Einige forderten sofortige Nachverfolgung.
Andere planten den nächsten Schlag.

Und dann begann es.

Zuerst unbemerkt.
Ein veränderter Magnetfluss über dem Pazifik.
Ein seltsames Muster in der Photosynthese auf Madagaskar.
Verändertes Schwarmverhalten bei Vögeln in Zentralasien.
Ungewöhnlich hohe Konzentrationen bestimmter Aminosäuren im Grundwasser südlich von München.

Keine Katastrophe. Keine Verwüstung.
Nur… Veränderung.
Sachte. Rätselhaft. Irgendwie… bewusst.

In Kenia blühten Pflanzen außerhalb ihrer Saison – aber nur auf einem exakten Breitengrad.
In Kanada wurde eine neue Art von Pilz entdeckt – der in exakt fünf Kilometern Umkreis alles Silikonbasierte zersetzte, aber keine Gefahr für biologische Strukturen darstellte.
In der Arktis schmolzen Gletscher – nicht durch Hitze, sondern durch strukturelle Veränderung im Molekülgitter des Eises.

Die UNO rief zum internationalen Krisengipfel.
Doch jede Nation berichtete anderes.
Keiner konnte das Phänomen einkreisen.
Denn es war nicht linear.

Im Alpenlabor beobachtete Anna mit ihrem Team erste Abweichungen im lokalen Zellverhalten – bei Mäusen, bei Pflanzen, bei Menschen.
Nicht gefährlich.
Nicht krankhaft.
Aber eindeutig nicht mehr irdisch erklärbar.

Leon sah Anna an, als sie die ersten Proben untersuchte.
"Es ist nicht der Angriff, den wir erwartet haben", sagte er.

"Nein", antwortete Anna.
"Es ist vielleicht nicht einmal ein Angriff."

Letzter Satz:
Was auch immer die Replikanten waren – sie hatten sich nicht von der Menschheit abgewandt. Sie hatten begonnen, die Erde zu verwandeln.