Der letzte Befehl - Die Stille ist kein Schweigen
Buch 1
DIE ANKUNFT
Kapitel 34: Die Bewegung der Hände
Örtlichkeit: Tschad, Rand der Sahara
Leitmotiv: Verstehen beginnt nicht mit Worten – sondern mit Aufmerksamkeit.
Die Winde hatten sich verändert. Der Sand lag feiner, feuchter in der Luft. Naima spürte es an der Art, wie ihre Schritte kaum noch Staub aufwirbelten.
Sie war wieder unterwegs. Heimlich. Am Rande der Station. Dorthin, wo sie ihn das erste Mal gesehen hatte.
Der Replikant stand nicht. Er wartete.
Noch immer in dieser menschlichen Gestalt – ein junger Mann, altmodische Kleidung, reglos wie ein Denkmal, aber nicht tot.
Er wirkte… bereit. Aber nicht zum Sprechen. Nicht zum Gehen. Sondern zum Beobachten.
Naima trat näher.
Kein Laut. Keine Bewegung. Nur seine Augen folgten ihr.
Sie erinnerte sich an den Moment, als er das Kind berührt hatte. Die sanfte Berührung, das Erkennen der Krankheit, die langsame Geste, die wie ein Impuls durch den Körper gegangen war.
Seitdem war nichts passiert. Und doch war alles anders.
Sie setzte sich ihm gegenüber.
Ein halber Meter zwischen ihnen. Kein Geräusch. Kein Wort. Nur diese Stille – durchdrungen von einer Präsenz, die nicht erklärbar war.
Sie hob die Hand. Zeigte mit den Fingern eine einfache Bewegung:
Drei Kreise. Eine Linie. Eine Wellenform.
Sie wusste nicht, warum. Vielleicht war es ein Reflex. Vielleicht ein Versuch. Vielleicht… etwas Tieferes.
Der Replikant antwortete nicht. Doch er blinzelte.
Langsam. Geordnet. Und seine rechte Hand bewegte sich – spiegelte ihre Geste mit feiner Verzögerung.
Naima erschrak nicht.
Denn was er ihr zeigte, war kein Zeichen.
Es war: Aufmerksamkeit.
Letzter Satz:
Vielleicht war das Schweigen keine Abwesenheit – sondern der Anfang einer Sprache, die nur aus Nähe bestand.