Mehr als Gold - Die Reise zu inneren Wahrheit

Kapitel 4


Im Schatten des Falkenfelsens – Das emsige Treiben und die dunkle Ahnung

Nach dem beschwerlichen Aufstieg, bei dem Hans Willi und den Karren am Fuße des majestätischen Falkenfelsens zurückgelassen hatte, erreichte er eine unerwartet weite Ebene. Hier, im scheinbaren Schutz der aufragenden Felsen, herrschte ein fieberhaftes Treiben. Kleine, stämmige Gestalten – die Zwerge – huschten geschäftig zwischen den dunklen Felsspalten hin und her, die wie klaffende Münder im ewigen Schatten des Falken lagen. Ihre Wetter gegerbten Gesichter waren von Ruß geschwärzt, die Hände von harter Arbeit schwielig, und die kräftigen Arme schwangen unablässig. Ihre unermüdliche Arbeit hatte den Berg durchzogen wie ein Netzwerk aus dunklen, pulsierenden Adern. Tief in das Gestein, dessen steile Wände Hans gerade noch bestaunt hatte, hatten sie ihre Schächte getrieben, tiefer als je zuvor, getrieben von einer unstillbaren Gier nach den Schätzen, die im Herzen des Berges schlummerten. Ein metallischer Geruch, vermischt mit dem beißenden Dunst von Gesteinsstaub, lag in der Luft.

Einige Zwerge hielten schwere Spitzhacken, mit denen sie glitzernde Brocken aus dem grauen Gestein stemmten, dessen metallischer Schimmer im spärlichen Licht aufblitzte, das mühsam durch die hohen, bedrohlichen Felswände des Falken fiel. Sie fanden reiche Adern von purem Gold, das in dicken Klumpen aus der Erde brach, und funkelnde Kristalle, die in den Wänden wie gefrorene Sterne glänzten. Beladene Karren, deren Räder knirschend über den steinigen Untergrund rollten – manchmal nur wenige Meter von dem Pfad entfernt, den Hans gerade noch mit Willi passiert hatte – transportierten die kostbare Ausbeute zu kleinen, rauchenden Schmelzöfen. Dort fraß sich das gierige Feuer durch das rohe Erz, bis glühendes Metall in zähflüssigen Strömen floss und sich in vorbereitete Formen ergoss. Der rhythmische Klang von Hämmern, die auf Ambossen schlugen, hallte monoton und unerbittlich zwischen den Felsen wider, ein Echo in der steinernen Stille des Falken, vermischt mit dem knorrigen Stimmengemurmel der Zwerge in ihrer tiefen, gutturalen Sprache. Es war ein Chor der Arbeit, doch für Hans klang es wie ein unausgesprochenes Lamento, eine Klage über das, was geopfert wurde.

Doch ihre geschäftige Betriebsamkeit verbarg eine tiefe, nagende Furcht, die wie ein dunkler Schatten unter dem Falkenfelsen lag und mit jeder tieferen Schicht, die sie dem Berg entrissen, wuchs. Mit jedem Schlag ihrer Spitzhacken, mit jedem tieferen Schürfen in das dunkle Innere des Berges, dessen massive Präsenz Hans über sich spürte, hatten sie das Gefühl, etwas Altes und Böses zu wecken, das besser für immer geschlummert hätte. In den dunklen Gängen, fernab des spärlichen Lichts, das von den zackigen Gipfeln des Falken kaum eindrang, flüsterten sich die Zwerge Geschichten von Dämonen zu, die tief unter der Erde schliefen, von Schattenwesen, deren Zorn unermesslich war, wenn man ihre Ruhe störte. Es hieß, dass das Klirren von Metall und das Grollen der Sprengungen, die den Falkenfelsen erzittern ließen, diese finsteren Mächte langsam aus ihrem Schlummer rissen. Manche Zwerge sahen bei jedem Beben des Berges nicht nur die Freisetzung von Erz, sondern auch das Aufreißen uralter Wunden.

Die Angst vor dem, was sie in der Tiefe aufweckten, hatte die Zwerge zu einer ungewöhnlichen Maßnahme getrieben, im Angesicht des aufragenden Falken, der wie ein stummer, aber wachsamer Wächter über sie thronte. Mit unübertroffener Handwerkskunst und all dem kostbaren Metall, das sie gefördert hatten, schmiedeten sie ein gewaltiges Tor. Dieses Tor sollte nicht nur ihre Schätze schützen, die sie dem Berg unter dem wachsamen Auge des Falken entrissen hatten, sondern auch die dunklen Mächte aufhalten, die sie in den Tiefen des Berges zu erwecken fürchteten. Es war ein Bollwerk gegen das Unbekannte, eine stumme Bitte an die Mächte der Finsternis, ihre Ruhe nicht weiter zu stören, ein verzweifelter Akt im Schatten des mächtigen Falken. Einige der älteren Zwerge trugen Amulette aus mattem Eisen, die sie als Schutz gegen das Böse trugen, das sie ahnten, aber nicht benennen mochten.

Als Hans weiterzog, wurden die Felsen bedrohlicher, und unheimliche Schatten lagen tief in ihren Spalten, längst unterhalb des Punktes, an dem Willi geduldig wartete. Der Geruch von Schwefel hing nun deutlicher in der Luft, ein beißender Geruch, der sich wie ein schlechtes Omen an seine Nasenflügel klammerte, ein weiterer Beweis für die geschäftige Unterwelt und die dunkle Furcht, die sich unter seinen Füßen ausbreitete, im Inneren des Berges, dessen imposante Gestalt den Himmel über ihm beherrschte. Die emsige Arbeit der Zwerge und ihre stille Angst schienen eine unheilvolle Atmosphäre zu schaffen, die Hans unbewusst spürte, während er sich tiefer in das Reich des Falkenfelsens wagte. Er spürte, wie die Gier nach dem, was diese Zwerge schürften, eine unheimliche Anziehungskraft ausübte, die er kaum abschütteln konnte.


© 26.05.2025 Gerd Groß 

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