Das Geheimnis der Burg Nideck
Kapitel 10
Im Herzen des Waldes
Der Pfad, den Jonas, Leana und das Riesenmädchen nun wählten, führte tiefer in den Wald, als je zuvor. Hier standen die Bäume so eng, als wollten sie ihr tiefstes Geheimnis bewahren. Das Licht kämpfte sich nur schemenhaft durch das dichte Blätterdach, und der weiche Boden unter den Füßen war durchzogen von alten Wurzeln.
"Hier, wo das erste Licht die Erde küsst," flüsterte das Riesenmädchen und wies auf eine kleine Lichtung, wo das Sonnenlicht sanft auf einen Teppich aus Moos fiel.
Doch die Ruhe war trügerisch. Spürst du es auch? Eine Präsenz, verborgen, wachsam. Eine Präsenz, die bereit ist, zu prüfen und zu richten, und die über ihr Kommen und Gehen entscheidet.
Plötzlich raschelte das Gebüsch, und eine Gestalt trat hervor – nicht ganz Mensch, nicht ganz von dieser Welt. Ein Wesen aus Baumrinde und Blättern, dessen Augen wie funkelnde Smaragde leuchteten. Ein Leuchten, das zugleich faszinierte und eine tiefe, uralte Kraft ausstrahlte.
"Ich bin Álfar, Hüter des Waldes," sprach es mit einer Stimme, die klang wie das Flüstern der Blätter.
"Wer die Alten Riesen sucht, muss sich den Prüfungen der Natur stellen." Eine unmissverständliche Drohung lag in seinen Worten.
Leana blickte sich um, während das Riesenmädchen dem Hüter respektvoll zunickte.
"Wir suchen das Gleichgewicht, um Wald und Menschen zu schützen."
Álfar lächelte schwach:
"Dann habt ihr den ersten Schritt getan. Doch der Weg ist lang und voller Gefahren. Folgt mir – eure Reise beginnt."
Mit einem letzten Blick auf die strahlende Lichtung folgten Jonas, Leana und das Riesenmädchen dem geheimnisvollen Hüter tiefer hinein, in die uralten Geheimnisse des Waldes – und in die Ungewissheit ihres eigenen Schicksals, das nun untrennbar mit dem des Waldes verbunden war.
© 14.08.2018 Gerd Groß (mehrfach überarbeitet bis Mai 2025)