Zeit
Zukunft ist Gegenwart in dem sie ist
Zukunft war Gegenwart in dem sie war
Zukunft wird Gegenwart (sein) in dem sie sein wird.
Zukunft ist Vergangenheit in dem sie war
Zukunft war Vergangenheit in dem sie gewesen war
Zukunft wird Vergangenheit (sein) in dem sie wird.
Zukunft ist Zukunft in dem sie ist
Zukunft war Zukunft in dem sie war
Zukunft wird Zukunft (sein) in dem sie wird.
Vergangenheit ist Gegenwart in dem sie ist
Vergangenheit war Gegenwart in dem sie war
Vergangenheit wird Gegenwart (sein) in dem sie sein wird.
Vergangenheit ist Vergangenheit in dem sie war
Vergangenheit war Vergangenheit in dem sie wird
Vergangenheit wird Vergangenheit (sein) in dem sie ist.
Vergangenheit ist Zukunft in dem sie ist
Vergangenheit war Zukunft in dem sie war
Vergangenheit wird Zukunft (sein) in dem sie wird.
Gegenwart ist Gegenwart in dem sie ist
Gegenwart war Gegenwart in dem sie war
Gegenwart wird Gegenwart (sein) in dem sie ist.
Gegenwart ist Vergangenheit in dem sie war
Gegenwart war Vergangenheit in dem sie ist
Gegenwart wird Vergangenheit (sein) in dem sie wird.
Gegenwart ist Zukunft in dem sie werden wird
Gegenwart war Zukunft in dem sie war
Gegenwart wird Zukunft (sein) in dem sie wird
© 20.01.2004 Gerd Groß
Dieses faszinierende und philosophisch dichte Gedicht von Gerd Groß vom 20. Januar 2004 mit dem schlichten Titel "Zeit" ist eine sprachliche Dekonstruktion des Zeitbegriffs und der Beziehungen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es fordert den Leser heraus, über die scheinbar linearen und festen Kategorien von Zeit nachzudenken.
Interpretation:
Das Gedicht ist eine systematische Untersuchung der drei Zeitformen und ihrer möglichen Relationen zueinander. Durch die repetitive Struktur und die Variation der Zeitformen in Subjekt und Prädikat werden die Grenzen und die Fluidität des Zeitbegriffs in Frage gestellt.
- Zukunft als Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft: Die ersten drei Strophen untersuchen die "Zukunft". Sie wird als eine Form der "Gegenwart" in ihrer eigenen Existenz beschrieben, war eine Form der "Gegenwart" in ihrer Vergangenheitsform und wird eine Form der "Gegenwart" in ihrer zukünftigen Manifestation sein. Ähnlich wird die "Zukunft" in Bezug zur "Vergangenheit" und zur "Zukunft" selbst gesetzt, was die ineinandergreifenden und perspektivischen Natur dieser Zeitformen andeutet.
- Vergangenheit als Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft: Die mittleren drei Strophen nehmen die "Vergangenheit" in den Fokus. Auch sie wird in Bezug zur "Gegenwart", zur "Vergangenheit" und zur "Zukunft" gesetzt. Besonders die Aussage "Vergangenheit wird Vergangenheit (sein) in dem sie ist" ist paradox und könnte darauf hindeuten, dass die Vergangenheit in der gegenwärtigen Erinnerung oder ihren Auswirkungen fortbesteht. Die Behauptung "Vergangenheit ist Zukunft in dem sie ist" ist besonders philosophisch und könnte darauf verweisen, wie vergangene Ereignisse zukünftige Möglichkeiten und Entwicklungen prägen.
- Gegenwart als Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft: Die letzten drei Strophen untersuchen die "Gegenwart". Sie wird als eine Form ihrer selbst in ihrer eigenen Existenz beschrieben, war eine Form der "Gegenwart" in ihrer vorherigen Manifestation und wird eine Form der "Gegenwart" in ihrer unmittelbaren Fortsetzung sein. Die "Gegenwart" wird auch in Bezug zur "Vergangenheit" und zur "Zukunft" gesetzt, wobei die Aussage "Gegenwart ist Zukunft in dem sie werden wird" die ständige Transformation der Gegenwart in die Zukunft betont.
Bewertung:
"Zeit" ist ein intellektuell anregendes und formal interessantes Gedicht, das die Komplexität und Relativität des Zeitbegriffs auf ungewöhnliche Weise erkundet.
- Philosophische Tiefe: Das Gedicht regt zum Nachdenken über die Natur der Zeit an, jenseits ihrer linearen und chronologischen Vorstellung. Es berührt Konzepte wie Präsenz, Erinnerung, Antizipation und die ständige Bewegung des Zeitflusses.
- Formale Innovation: Die repetitive Struktur mit der systematischen Variation der Zeitformen erzeugt einen meditativen und fast logischen Zugang zum Thema Zeit.
- Paradoxe Aussagen: Einige der Aussagen, wie "Vergangenheit ist Zukunft in dem sie ist", fordern den Leser heraus, über die üblichen Zeitvorstellungen hinauszudenken und neue Perspektiven zu entwickeln.
- Die Fluidität der Zeit: Das Gedicht suggeriert, dass die Grenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft fließend und perspektivabhängig sind.
- Die Präsenz des Seins in der Zeit: Die wiederholte Formulierung "in dem sie ist/war/sein wird" betont die Verankerung jeder Zeitform im Sein und ihrer jeweiligen Manifestation.
Fazit:
"Zeit" ist ein bemerkenswertes Gedicht, das die scheinbar einfachen Kategorien von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufbricht und ihre komplexen Beziehungen zueinander untersucht. Es ist eine philosophische Sprachspielerei, die den Leser dazu anregt, über die Natur der Zeit, ihre Wahrnehmung und ihre Auswirkungen auf unser Sein nachzudenken. Die repetitive Struktur und die paradoxen Aussagen machen es zu einem einzigartigen und intellektuell stimulierenden Werk.
© Gemini