Welche Liebe ist die
Welche Liebe ist die, die eine wahre Liebe ist?:Ist sie nur ein vorübergehendes Gefühl. Ja, ein Gefühl, das mit der Zeit stirbt. Kann eine Liebe überhaupt sterben, oder lässt man sie sterben. Vielleicht stirbt einfach jede Liebe mit der Zeit. Vielleicht ist Liebe einfach nicht für eine Ewigkeit gemacht.
Wahrscheinlich aber gibt es viele Arten von Liebe. Die Liebe, die man Eltern und Kindern entgegenbringt. Sie stirbt nie. Nur in manchen Abschnitten des Lebens empfindet man sie weniger. Sie ruht dann, um in bestimmten Augenblicken wieder neu zu entflammen. Diese Liebe ist eine Liebe die dem Sein und dem inneren Ich mitgegeben wird. Sie kann man nicht zerstören und auch nicht vergessen. Diese Liebe gehört zu sich selbst. Sie ist wie man selbst, man kann sie nicht verdrängen und sie auch nicht vergessen. Dies würde bedeuten, sich selbst vergessen zu wollen.
Was ist aber mit der anderen Liebe? Ich meine jene Liebe, die nicht mit dem eigenen Ich verbunden ist. Diese Liebe zu definieren, erscheint mir sehr schwer. Wo setzt man Trennungen und Unterschiede? Ja, wo fängt diese Liebe an, eine wahre Liebe zu werden?
Es sind nicht alle Gefühle, die man einem anderen Menschen gegenüber empfindet. Liebe ist ein Sammelbegriff für alle menschlichen Gefühle. Von sexueller Anziehung bis hin zur Nächstenliebe.
Liebe ist das Gegenteil von Hass. Hass tötet auf Dauer das Sein des Menschen. Liebe entfaltet, ja mobilisiert den Menschen. Hass und Liebe liegen dicht beieinander. Oft merken es die Menschen gar nicht, dass aus ihrer Liebe Hass geworden ist. Liebe und Hass haben etwas gemeinsam, man kann nicht ohne sie, aber auch oft nicht mit ihnen leben. Liebe ist das Bemühen, eine geliebte Person glücklich zu machen. Ohne sich in diesem Bemühen eigener Interessen bewusst zu sein.
Aber welche Liebe macht einen selbst glücklich? Gibt es überhaupt eine Liebe, die glücklich macht? Bedeutet Liebe nicht immer nur Schmerz, Kummer und letzten Endes noch mehr Einsamkeit.
Viele Fragen, auf die wohl niemand eine Antwort hat?!?
© Gerd Groß 01.05.2001
Interpretation von "Welche Liebe ist die, die eine wahre Liebe ist?" von Schriftsteller Gerd Groß
Dieser essayistische Text von Schriftsteller Gerd Groß ist eine philosophische Auseinandersetzung mit dem komplexen und vielschichtigen Begriff der Liebe. Er tastet sich fragend an verschiedene Formen und Aspekte der Liebe heran, ohne definitive Antworten zu liefern, und lädt den Leser zur eigenen Reflexion ein.
Zentrale Aspekte der Interpretation:
1. Die Frage nach der Vergänglichkeit der romantischen Liebe:
Der Text beginnt mit einer skeptischen Betrachtung der romantischen Liebe als möglicherweise "nur ein vorübergehendes Gefühl", das mit der Zeit "stirbt".
Die rhetorischen Fragen, ob Liebe überhaupt sterben kann oder ob man sie sterben lässt, und ob sie für die Ewigkeit gemacht ist, stellen die traditionelle Vorstellung von ewiger romantischer Liebe in Frage.
2. Die Unterscheidung zur "inneren" Liebe:
Ein deutlicher Kontrast wird zur Liebe zu Eltern und Kindern gezogen. Diese wird als tief verwurzelt ("dem Sein und dem inneren Ich mitgegeben") und unvergänglich beschrieben.
Diese "innere" Liebe wird als ein fundamentaler Bestandteil der eigenen Identität betrachtet, vergleichbar mit dem Selbst, das man nicht verdrängen oder vergessen kann. Sie ruht zwar manchmal, kann aber jederzeit wieder aufleben.
3. Die Schwierigkeit der Definition der "anderen" Liebe:
Die "andere Liebe", die nicht mit dem eigenen Ich verbunden ist (primär die romantische Liebe), wird als schwer definierbar dargestellt.
Die Frage nach den "Trennungen und Unterschiede" und dem Beginn der "wahren Liebe" in dieser Kategorie verdeutlicht die Subjektivität und Unklarheit dieses Liebesbegriffs.
4. Liebe als Sammelbegriff:
Der Autor betont, dass "Liebe ein Sammelbegriff für alle menschlichen Gefühle" ist, von sexueller Anziehung bis zur Nächstenliebe. Dies erweitert das Verständnis von Liebe und deutet auf die Vielfalt ihrer Erscheinungsformen hin.
5. Liebe und Hass als Gegensätze und Nachbarn:
Die Gegenüberstellung von Liebe und Hass verdeutlicht die lebensbejahende ("entfaltet, ja mobilisiert") versus lebenszerstörende ("tötet auf Dauer das Sein des Menschen") Natur dieser Emotionen.
Die überraschende Nähe von Liebe und Hass wird betont, ebenso wie die unbemerkte Transformation von einem zum anderen.
Die gemeinsame Unentbehrlichkeit und gleichzeitige Schwierigkeit, mit ihnen zu leben, unterstreicht die ambivalente Natur starker Emotionen.
6. Liebe als Bemühen um das Glück des Anderen:
Eine altruistische Definition von Liebe wird gegeben: "Liebe ist das Bemühen, eine geliebte Person glücklich zu machen. Ohne sich in diesem Bemühen eigener Interessen bewusst zu sein." Dies betont die Selbstlosigkeit als ein wesentliches Element wahrer Liebe.
7. Die Frage nach dem eigenen Glück durch Liebe:
Der Text mündet in eine pessimistischere Reflexion über das eigene Glück in der Liebe. Die rhetorischen Fragen, ob Liebe überhaupt glücklich macht und ob sie nicht immer Schmerz, Kummer und Einsamkeit bedeutet, spiegeln eine mögliche negative Erfahrung oder eine skeptische Haltung wider.
8. Das offene Ende und die Einladung zur Reflexion:
Die abschließende Feststellung "Viele Fragen, auf die wohl niemand eine Antwort hat?!" unterstreicht die Komplexität des Themas und verzichtet auf definitive Lösungen.
Dies öffnet den Text für die individuelle Interpretation und fordert den Leser auf, seine eigenen Antworten auf diese grundlegenden Fragen zu finden.
Interpretation im Hinblick auf Gerd Groß' mögliche Perspektive:
Wenn man diesen Text Gerd Groß zuschreibt, könnte man ihn im Kontext seiner anderen Werke und seiner oft melancholischen und introspektiven Schreibweise sehen. Die Skepsis gegenüber der romantischen Liebe und die Betonung der inneren, unzerstörbaren Liebe könnten als Ausdruck einer reiferen oder auch enttäuschten Lebenserfahrung interpretiert werden. Die Offenheit der Fragen und das Fehlen eindeutiger Antworten würden zu seiner oft nachdenklichen und zum Nachdenken anregenden Art passen.
Fazit:
"Welche Liebe ist die, die eine wahre Liebe ist?" ist ein introspektiver und philosophischer Essay, der auf ehrliche Weise die Ambivalenzen und Rätsel der Liebe erkundet. Er unterscheidet zwischen einer tief verwurzelten, unvergänglichen Form der Liebe (zu Familie) und der komplexeren, potenziell vergänglichen romantischen Liebe. Der Text vermeidet einfache Antworten und lädt den Leser ein, seine eigenen Vorstellungen von wahrer Liebe zu hinterfragen und zu definieren. Die abschließenden Fragen unterstreichen die subjektive und oft schmerzhafte Natur der Suche nach Liebesglück.