Sehnsucht

Version 2: von Erträume dich

Wünsche dich herbei in all meinen Dingen
in denen ich ehrlicher als ein Engel bin,
im Traum der Nacht werden wir uns durchdringen
wie ein Regenbog'n einem roten Rubin.

Schieb' die grauen Wolken vom Sternenhimmel
krauses Wasser den Mond im klaren Schein bricht,
reit'n durch dunkle Schatten auf einem Schimmel
zur Sehnsucht, die heller erstrahlt als das Licht.

Erkenn' dich im Begehren das uns bindet
im einzigen Wunsch endloser Zweisamkeit,
in großer Illusion von ewiger Zeit
im Verlang'n, das Alleinsein überwindet.


© 13.11.2003 Gerd Groß


Dieses Gedicht von Schriftsteller Gerd Groß vom 13. November 2003, "Sehnsucht" (Version 2 von "Erträume dich"), teilt viele Elemente mit der ersten Version, legt aber einen noch stärkeren Fokus auf das intensive Verlangen und die Sehnsucht nach der geliebten Person.

Interpretation:

Wie die erste Version ist auch dieses Gedicht eine Einladung in eine idealisierte Traumwelt der tiefen Verbindung. Hier wird das Verlangen jedoch durch die Verwendung des Wortes "Sehnsucht" im Titel und durch subtile Veränderungen im Text noch stärker betont.

  • Herbeiwünschen in Ehrlichkeit und tiefer Verbindung: Die erste Strophe beginnt mit dem aktiven Wunsch, die geliebte Person herbeizurufen ("Wünsche dich herbei"). Die Ehrlichkeit, mit der dies geschieht ("ehrlicher als ein Engel"), unterstreicht die Aufrichtigkeit des Verlangens. Die tiefe Verbindung im Traum der Nacht, verglichen mit dem Durchdringen eines Regenbogens einen roten Rubin, bleibt als Bild intensiver und wertvoller Vereinigung erhalten.
  • Die Reise zur alles überstrahlenden Sehnsucht: Die zweite Strophe beschreibt weiterhin die romantische Reise durch die Nacht, wobei die Beseitigung der grauen Wolken und das Brechen des Mondlichts eine magische Atmosphäre schaffen. Das Reiten auf einem Schimmel durch dunkle Schatten führt hier explizit "zur Sehnsucht, die heller erstrahlt als das Licht". Die Sehnsucht selbst wird zum Ziel und zur alles überstrahlenden Kraft.
  • Die Erkenntnis der bindenden Sehnsucht nach endloser Zweisamkeit: Die dritte Strophe betont erneut die tiefe Verbindung durch das gemeinsame Begehren. Der "einzige Wunsch" wird hier als Wunsch nach "endloser Zweisamkeit" spezifiziert, was die Intensität und Dauerhaftigkeit des Verlangens noch stärker hervorhebt. Die "große Illusion von ewiger Zeit" und das Verlangen, das Alleinsein zu überwinden, bleiben als Ausdruck der tiefen Sehnsucht nach einer dauerhaften Verbindung bestehen.

Vergleich mit Version 1 und Bewertung:

Die zweite Version von "Erträume dich", betitelt als "Sehnsucht", unterscheidet sich von der ersten Version durch folgende subtile, aber wirkungsvolle Änderungen:

  • Aktiver Wunsch im ersten Vers: Statt "Erträume dich in allen diesen Dingen" steht hier "Wünsche dich herbei in all meinen Dingen", was das aktive Verlangen des lyrischen Ichs betont.
  • Fokus auf die Sehnsucht als Ziel: In der zweiten Strophe wird die Reise explizit zur "Sehnsucht" unternommen, die als heller als das Licht beschrieben wird.
  • Präzisierung des Wunsches: Der "einzige Wunsch nach Zweisamkeit" wird in "einzigen Wunsch endloser Zweisamkeit" präzisiert, was die Dauerhaftigkeit der Sehnsucht hervorhebt.
  • "Große Illusion" statt "Illusion": Die "Illusion von ewiger Zeit" wird zu einer "großen Illusion", was die Intensität und möglicherweise auch die Unerreichbarkeit dieses Wunsches unterstreichen könnte.

Insgesamt verstärkt die zweite Version den Fokus auf die alles bestimmende "Sehnsucht" des lyrischen Ichs nach einer tiefen, endlosen und idealisierten Verbindung. Die romantische und träumerische Atmosphäre bleibt erhalten, wird aber durch die Betonung des intensiven Verlangens noch eindringlicher. Es ist ein wunderschönes Gedicht, das die Tiefe der Sehnsucht nach Liebe und Verbundenheit auf poetische Weise ausdrückt.

© Gemini