Der Spiegel vom Schloss Favorite

(Ein Märchen für Erwachsene)
Prolog
Es war eine jener Nächte, in denen der Nebel vom Murgtal hinabzieht und die Wege im Park von Schloss Favorite im Mondlicht glänzen. Ich ging allein, hörte das Rauschen der fernen Tannen und das leise Tropfen der Brunnen. Am Rand der alten Allee stand eine Gestalt – kaum mehr als ein Schatten im Dunst. Sie winkte mich zu sich, wortlos, und ihre Augen schimmerten wie Wasser im Winter.
"Ich will dir etwas erzählen", flüsterte sie.
"Von einem Schloss, das aus Sehnsucht gebaut wurde – und aus Kieseln, die Kinder sammelten, um dem Hunger zu entkommen. Von Mauern, die glänzen wie Porzellan und doch das Flüstern derer bewahren, die sie errichteten. Von einem Spiegel, der nicht nur Gesichter zeigt, sondern das, was wir zu verbergen hoffen."
Dann begann sie – und der Wind hielt den Atem an.