In Liebe für dich
Nur Du …
Es sind die wenigen Momente des Glücks, die in meinen Erinnerungen ein wohliges, warmes Gefühl der Zufriedenheit entstehen lassen, fernab von bösartigen Gedanken kranker Vorstellung. Meine Liebe gab ich dir für alle Zeit, groß und ungestüm, rein und doch fordernd im Verlangen, in einsamer Stunde, Hort deiner Gewissheit.
Es sind die Nächte, die einsam an mir vorüberziehen, dunkel und grau, im Wunsch von Geborgenheit mich an deiner Nähe zu laben. Oft sprachen wir über gemeinsame Träume bei einem guten Glas Spätburgunder an unvergesslichen spätsommerlichen Abenden, draußen auf der Terrasse unter sternenklarem Himmel. Entrückt in Sphären ohne Wertvorstellungen und Neid ertappten wir uns in nicht enden wollenden Diskussionen. In einer Welt voller Egoismen und Vorurteilen. Gegensätzlicher hätten unsere Auffassungen im gegenseitigen Streit nicht sein können und doch fand sich immer ein gemeinsamer Weg, hin zum unendlichen Vertrauen.
Deine Wärme spüren und die stetig wachsende Zuneigung im Bewusstsein von Wahrheit zu erfahren, das ist Liebe in der vollkommenen Form. Aus dir konnte ich Stärke gewinnen, ohne dich zu verletzen und gab dir das Gefühl, unendlich für dich da zu sein, dich nie allein zu lassen. Liebe übernimmt Verantwortung - darüber waren wir uns einig!
Aber es ist anders gekommen - wir haben uns getrennt - nein - du hast dich getrennt, du bist einfach gegangen. Nicht einmal ein Wort des Abschieds hattest du für mich - einfach gegangen, einfach so. Dabei war unsere Zeit noch nicht abgelaufen. Fühlte mich stark und unverwundbar und jeder meiner Gedanken war in meiner Liebe zu dir gewidmet. Unvorstellbar, dass das Bett neben mir einfach mal leer bleiben könnte. Meine Welt zerbrach - konnte ich mir doch im Traum ein Leben ohne dich nicht vorstellen. Jetzt hat mich die Realität zurück. Die Trennung muss ich wohl akzeptieren, sie ist wohl unabänderlich vollstreckt.
Kannst du mir nicht helfen zu verstehen? Habe tausend Fragen an dich und werde wohl keine Antwort von dir erhalten! Mich quälen Gedanken, dich nicht von diesem Abend abgehalten zu haben. Ich wollte nicht mitkommen. Viel zu viele oberflächliche Menschen, die mir nicht gewissenhaft genug erschienen, waren dort. Es war deine Welt. Natürlich hast du mich daran teilhaben lassen, hast viele Gespräche mit ihnen und über sie geführt. Hast dich deinen Freunden anvertraut, auf sie verlassen, obwohl sie Lebemenschen, Tagträumer waren und keine Verantwortung übernehmen wollten. Entschuldige bitte meine Ausführungen, möchte dir auch nicht weh tun, aber ich kann nicht anders. Vielleicht bin ich Ihnen gegenüber auch ungerecht, aber dort hast du ihn getroffen! Ein smarter Typ, Aufreißer, wahrscheinlich kennt er mehr als nur eine Frau. Hatte schon immer Angst vor diesem einzigartigen Moment. Aber es hilft nicht, könnte heulen, Tränen vergießen, aber es bringt dich nicht mehr zurück. Du hast mich einfach wortlos verlassen.
Wir hatten unendlich viele Ziele, Träume, die nicht enden wollten, eine Liebe, die ihre Sehnsucht fand. Und doch bedrückt mich das Gefühl, nicht das getan zu haben, was wir immer schon machen wollten. Es ist zu spät ... - jetzt, jetzt bist du nicht mehr da. Es zerreißt mir mein Herz, doch meine Liebe zu dir bleibt ungebeugt.
Er hat dich gefragt, ob du mit ihm kommen würdest. Dabei kanntest du ihn doch nur ein paar Stunden, hast ihm vertraut und bist ihm einfach gefolgt. Warum hast du das getan? Konntest du zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, dass du mich damit für immer verlassen wirst? Hast bestimmt auch keinen Gedanken daran verschwendet! Jetzt bin ich allein! - Egoist, würdest du bestimmt jetzt sagen. Recht hast du. Aber hier ist es angebracht! Ja, doch er hat was ... Ich habe mich gefragt, ob ich es auch könnte, eine Frau anzusprechen, die mir noch vor einer Stunde unbekannt war, mit der Ausrede: "Es regnet, darf ich sie fahren". Du bist doch immer Bus gefahren?! Warum nicht heute? Hast du nicht gemerkt, wie schwach man im Verlangen nachzugeben ist? Was nützen Gefühle, Gewissheit, geliebt zu werden, wenn man feststellt, im falschen Moment ausgeliefert zu sein. Habe ich dich nicht immer davor gewarnt?
Ich weiß noch nicht einmal, wen ich dafür zur Verantwortung ziehen soll: Gott, die Menschheit, ihn, dich, den Verursacher? - Ich weiß es nicht! Er hatte getrunken, du auch, hat man mir erzählt, obwohl du kein Freund vom Alkohol bist! - und du hast es gewusst, dass der Stoff eure Sinne trübt. ... und du? Du bist trotzdem einfach so in sein Auto eingestiegen ... und kannst nie wieder zu mir zurückkehren.
Mich, mich hast du verlassen, allein gelassen für immer. Warum??
© 07.06.2008 Gerd Groß
Interpretation und Bewertung von "In Liebe für Dich" von Schriftsteller Gerd Groß
Ihr literarisches Werk, "In Liebe für Dich", entfaltet auf beklemmende Weise die innere Zerrissenheit eines liebenden Menschen angesichts des plötzlichen und tragischen Verlusts seiner Partnerin durch einen Autounfall. Der Brief, adressiert an die Verstorbene, ist ein eindringlicher Monolog, der von tiefstem Schmerz, unbegreiflicher Trauer und einer verzweifelten Suche nach Antworten im Angesicht des Todes geprägt ist.
Inhalt und Struktur:
Der Text beginnt mit der wehmütigen Erinnerung an glückliche Momente, die nun im Angesicht der unwiderruflichen Leere eine bittersüße Note erhalten. Die Schilderung gemeinsamer Träume und inniger Gespräche etabliert die Tiefe der einstigen Verbindung und verstärkt so den Schock des abrupten und gewaltsamen Endes.
Die Feststellung der Trennung, die anfänglich als wortloses Verlassenwerden empfunden wird, erhält durch das Wissen um den Unfall eine erschütternde Endgültigkeit. Die fehlenden Abschiedsworte sind nun nicht Ausdruck von Distanz, sondern die tragische Folge eines jähen Schicksalsschlags.
Der Sprecher ringt mit den Umständen des Todes, hadert mit seinen eigenen Entscheidungen und Beobachtungen im Vorfeld des Unglücks. Seine quälenden Gedanken darüber, die Partnerin nicht von dem verhängnisvollen Abend abgehalten zu haben, und seine kritischen Anmerkungen über den neuen Bekannten und dessen Alkoholisierung tragen nun die schwere Last des nachträglichen Bedauerns und möglicher Schuldgefühle.
Die unbeantworteten Fragen nach dem Warum des Geschehens und die Vorwürfe gegenüber dem Fahrer des Unfallwagens spiegeln die Verzweiflung wider, einen Sinn oder eine Verantwortlichkeit in dieser sinnlosen Tragödie zu finden.
Dennoch betont der Sprecher am Ende die Ungebrochenheit seiner Liebe, die nun über den Tod hinausreicht und in der ewigen Erinnerung fortbesteht. Der Titel "In Liebe für Dich" wird so zu einem letzten, schmerzhaften Liebesgruß an eine für immer verlorene Geliebte.
Sprache und Stil:
Die Sprache Ihres Briefes ist von einer tiefen Emotionalität durchzogen. Wiederholungen, rhetorische Fragen, Ausrufe und Ellipsen verdeutlichen die innere Aufruhr und die sprunghaften Gedanken des trauernden Sprechers.
Der Kontrast zwischen den lebendigen Erinnerungen an die gemeinsame Vergangenheit und der schmerzhaften Realität des Verlustes erzeugt eine starke emotionale Wirkung. Die direkte Anrede der Verstorbenen erzeugt eine intime Atmosphäre und lässt den Leser die Unmittelbarkeit des Schmerzes nachempfinden.
Die Ehrlichkeit der Gefühle, von anfänglicher Eifersucht bis hin zu tiefster Trauer und einem Hauch von Schuld, verleiht der Figur eine hohe psychologische Glaubwürdigkeit.
Bewertung:
"In Liebe für Dich" ist ein literarisch beeindruckendes und zutiefst berührendes Werk, das auf authentische Weise die Komplexität von Trauer und Verlust nach einem plötzlichen Todesfall darstellt. Die emotionale Intensität des Textes ergreift den Leser und lässt ihn die Verzweiflung und die ungebrochene Liebe des Sprechers auf schmerzhafte Weise mitempfinden.
Die bruchstückhafte und assoziative Struktur des Briefes spiegelt auf gekonnte Weise den Zustand emotionaler Ausnahmesituationen wider. Die Sprache ist prägnant und ausdrucksstark, wodurch die innere Zerrissenheit des Protagonisten eindrücklich vermittelt wird.
Die tragische Wendung des Unfalltods verleiht der Geschichte eine zusätzliche, erschütternde Dimension und thematisiert auf eindringliche Weise die Unvorhersehbarkeit des Schicksals und die Endgültigkeit des Todes. Ihr Werk ist somit nicht nur eine Klage über den Verlust, sondern auch ein bewegendes Denkmal der Liebe, die über den Tod hinaus Bestand hat.
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