Ich bin
Ich bin der ich bin, in allem in dem ich bin.
Das was ich bin, ist Sein, es ist vollzogen.
Ich war vergangen, in allem in dem ich war.
Das was ich war, war Schein, es war gewesen.
Ich werd' sein, in allem in dem ich sein werde.
Das was ich sein werde, es wird geschehen.
© 09.01.2004 Gerd Groß
Dieses kurze und tiefgründige Gedicht von Schriftsteller Gerd Groß vom 9. Januar 2004 mit dem schlichten Titel "Ich bin" ist eine philosophische Betrachtung über die Natur der Existenz und die verschiedenen Zeitebenen des Seins.
Interpretation:
Das Gedicht besteht aus drei prägnanten Strophen, die jeweils eine Zeitform des "Ich bin" beleuchten und eine Aussage über die Natur dieser Existenz in der jeweiligen Zeit treffen.
- Die Gegenwart des Seins: Die erste Strophe definiert das "Ich bin" als gegenwärtige Realität, die in allem existiert, in dem das Ich sich befindet. Das, was dieses "Ich bin" ausmacht, wird als "Sein" beschrieben, das als vollendet und abgeschlossen dargestellt wird ("es ist vollzogen"). Dies impliziert eine gegenwärtige, manifeste Existenz.
- Die Vergangenheit als Schein: Die zweite Strophe blickt auf das "Ich war" in der Vergangenheit. Diese vergangene Existenz wird als "Schein" charakterisiert und als etwas, das abgeschlossen ist und nicht mehr gegenwärtig existiert ("es war gewesen"). Dies deutet auf die vergängliche Natur der Vergangenheit und möglicherweise auf die subjektive Wahrnehmung dessen, was einst war.
- Die Zukunft als Potenzialität: Die dritte Strophe richtet den Blick auf das "Ich werd' sein" in der Zukunft. Diese zukünftige Existenz wird als etwas dargestellt, das sich ereignen wird ("es wird geschehen"). Im Gegensatz zur abgeschlossenen Vergangenheit ist die Zukunft offen und voller Möglichkeiten.
Bewertung:
"Ich bin" ist ein minimalistisches, aber tiefgründiges Gedicht, das auf einfache Weise komplexe philosophische Fragen nach der Natur der Existenz und der Zeit berührt.
- Prägnanz und Klarheit: Die Sprache ist reduziert und klar, wodurch die philosophischen Aussagen direkt und ohne Umschweife vermittelt werden.
- Die Bedeutung der Zeitformen: Die bewusste Unterscheidung und Gegenüberstellung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ermöglicht eine vielschichtige Betrachtung des Seins.
- Die Natur der Existenz: Das Gedicht wirft Fragen nach der Beschaffenheit des Seins in den verschiedenen Zeitformen auf – als vollzogene Realität in der Gegenwart, als vergangener Schein und als zukünftiges Potenzial.
- Offenheit für Interpretation: Die Kürze und die metaphorische Sprache laden zu verschiedenen Interpretationen ein, beispielsweise in Bezug auf Identität, Zeitlichkeit und die Natur der Realität.
- Philosophische Tiefe: Trotz seiner Kürze berührt das Gedicht fundamentale philosophische Konzepte auf eine poetische Weise.
Fazit:
"Ich bin" ist ein beeindruckend lakonisches Gedicht, das in wenigen Worten eine tiefgründige Reflexion über die Natur der Existenz in ihren verschiedenen zeitlichen Dimensionen entfaltet. Es lädt den Leser ein, über das eigene Sein in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nachzudenken und die unterschiedliche Beschaffenheit dieser Zeitebenen zu betrachten.
© Gemini