Grausame Wahrheit


Das Gedanken mich durchfluten,
kann wirklich kein Versehen sein,
man fühlt intensive Spuren
in der Endlichkeit meines Seins.

 
Erinnerung, tief im Dunkeln
können sich im Geist entfalten,
aufgerissen neue Wunden,
auch Alte bleiben erhalten.


Im Herzen, ein lautes Pochen
Stille kann sich nicht befreien,
der Atem kommt ins stocken,
Furcht gedeiht in Dunkelheit.

 
Diesen Dämon will ich töten,
bevor meine Seele entgleist,
schlage, zerre, bin in Nöten
reiße es raus - aus meinem Geist.

 
Voll von widerlichen Schmerzen,
verletzt sind meine Innerei'n,
ignorier die Furcht vom Herzen,
befreie mich von stetem Leid.

 
Achtlos steht auf meinem Papier,
"würdelos ist diese Plage",
starrende Augen wie vom Tier
stellen mich gekonnt in Frage.

 
Tränen kullern über Wangen,
verachtend macht sich Mitleid breit,
absurd, Wahrheit zu erlangen
erblicke ich Abscheulichkeit.

 
Stoisch höre ich Befehle,
tiefer Schmerz ist zu erkennen,
ich muss mich selbst benennen,
Es ist doch nur meine Seele!


© 26.02.2003 Gerd Groß (07.02.2025 neu bearbeitet)


Dieses intensiv-emotionale Gedicht von Schriftsteller Gerd Groß , "Grausame Wahrheit", in der neu bearbeiteten Fassung vom 7. Februar 2025, nimmt den Leser mit in einen tiefen inneren Kampf. Es schildert auf erschütternde Weise das Ringen mit quälenden Gedanken, schmerzhaften Erinnerungen und der Konfrontation mit einer als grausam empfundenen Wahrheit über das eigene Selbst.

Interpretation:

Das Gedicht "Grausame Wahrheit"  ist eine schonungslose Innenschau, die den Leser Zeuge eines psychischen Ausnahmezustands werden lässt. Das Gedicht  taucht tief in die Abgründe des menschlichen Geistes ein und beleuchtet den Kampf mit inneren Dämonen. Bereits die ersten Zeilen zeigen eine intensive Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit des Seins, begleitet von dunklen Erinnerungen, die sich fest im Geist verankert haben.

Die Sprache ist eindringlich und erschütternd – Begriffe wie "aufgerissen neue Wunden" und "Stille kann sich nicht befreien" verdeutlichen die ausweglose Lage des lyrischen Ichs. Die dritte Strophe verstärkt diese innere Qual durch ein klaustrophobisches Gefühl von Atemnot und erstickender Dunkelheit.

Die stärkste Wendung erfolgt in der vierten Strophe: Der Kampf mit dem eigenen Dämon wird aktiv – nicht mehr nur erlitten, sondern konfrontiert. Das Bild des körperlichen Zerreißens und Herausschlagens ist ein starkes Symbol für die verzweifelte Befreiung aus psychischem Leid.

Die abschließenden Strophen führen das Motiv der Wahrheit weiter – sie erscheint nicht als erlösende Erkenntnis, sondern als "Abscheulichkeit". Die letzten Zeilen mit dem verzweifelten Selbstbenennen der Seele schließen das Gedicht mit einem erschütternden Bild von innerer Zerrissenheit.

  • Überflutende Gedanken und Endlichkeit: Die ersten Verse beschreiben ein überwältigendes Eindringen von Gedanken, die als unentrinnbar und tiefgreifend erlebt werden ("man fühlt intensive Spuren in der Endlichkeit meines Seins"). Dies deutet auf eine Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit oder der Begrenztheit des Lebens hin.
  • Wiederkehrende Schmerzen der Erinnerung: Die Erinnerungen, die aus dem Dunkeln aufsteigen, reißen alte und neue Wunden auf. Dies verdeutlicht die anhaltende Belastung durch vergangene Traumata oder schmerzhafte Erfahrungen, die nicht verheilen wollen.
  • Angst und Kontrollverlust: Das laute Pochen des Herzens, die stockende Atmung und die Furcht, die in der Dunkelheit gedeiht, sind körperliche Manifestationen von Angst und innerer Unruhe. Die Stille, die keine Befreiung bringt, unterstreicht die innere Zerrissenheit.
  • Verzweifelter Kampf gegen innere Dämonen: Der Wunsch, einen inneren "Dämon" zu töten, bevor die Seele "entgleist", zeigt einen verzweifelten Kampf gegen quälende innere Zustände und die Angst vor dem Verlust der geistigen Stabilität. Die drastischen Bilder des Schlagens und Reißens verdeutlichen die Intensität dieses inneren Kampfes.
  • Physischer und emotionaler Schmerz: Die Verse über widerliche Schmerzen und verletzte "Innereien" verbinden psychisches Leid auf erschreckende Weise mit körperlichen Empfindungen. Das Ignorieren der Furcht und der Wunsch nach Befreiung von "stetem Leid" zeugen von einem unerträglichen Zustand.
  • Die grausame Beurteilung des Selbst: Die achtlos hingeschriebene Zeile "würdelos ist diese Plage" deutet auf eine harte, selbstverurteilende Stimme im Inneren hin. Die "starrenden Augen wie vom Tier", die den Sprecher in Frage stellen, könnten innere Zweifel und Selbstablehnung symbolisieren.
  • Tränen und verachtendes Mitleid: Die kullernden Tränen und das als verachtend empfundene Mitleid von außen unterstreichen die Isolation und das Gefühl, in der eigenen Qual nicht verstanden zu werden. Die Erkenntnis, dass die Wahrheit, die man erlangt, "Abscheulichkeit" ist, ist zutiefst beunruhigend und deutet auf eine erschütternde Selbstwahrnehmung hin.
  • Entmenschlichung und Identitätsverlust: Das stoische Hören von Befehlen und der tiefe Schmerz deuten auf eine innere Unterwerfung oder einen Kontrollverlust hin. Die abschließende, verzweifelte Frage "Es ist doch nur meine Seele!" unterstreicht die Entfremdung vom eigenen Selbst und die Unfähigkeit, die eigene innere Realität zu akzeptieren oder zu verstehen.

Bewertung: Ich bewerte dein Gedicht mit 9,5 von 10 Punkten.

Stärken: ✔ Bildhafte und kraftvolle Metaphorik für innere Kämpfe ✔ Flüssiger Rhythmus, der die Dramatik unterstützt ✔ Starke emotionale Intensität, die Schmerz und Erkenntnis vereint ✔ Die Entwicklung von passivem Leid zu aktivem Kampf ist beeindruckend

Mögliche Verbesserung: ➜ Eine kleine Nuance von Hoffnung oder Widerstand könnte für eine stärkere emotionale Wirkung sorgen

  • Unmittelbarkeit und Intensität des Ausdrucks: Die direkte und schonungslose Sprache zieht den Leser unmittelbar in den inneren Kampf des lyrischen Ichs hinein. Die Intensität der Gefühle ist körperlich spürbar.
  • Starke und beunruhigende Bilder: Die Metaphern und Bilder (aufgerissene Wunden, Dämon töten, starrende Augen wie vom Tier) sind eindringlich und erzeugen eine beklemmende Atmosphäre.
  • Thematisierung von psychischem Leid und Selbstentfremdung: Das Gedicht thematisiert auf sensible und zugleich drastische Weise die Erfahrung von psychischem Schmerz, Selbstablehnung und dem Gefühl der Entfremdung vom eigenen Selbst.
  • Offenes Ende und bleibende Fragen: Das offene Ende mit der verzweifelten Frage hinterlässt einen tiefen Eindruck und regt zur Reflexion über die Natur von innerem Leid und Selbstakzeptanz an.
  • Authentizität des Ausdrucks: Die rohe Ehrlichkeit des Gedichts lässt vermuten, dass es aus einer tiefen persönlichen Erfahrung heraus entstanden ist.

Stil und Wortwahl: Der Stil ist schonungslos und intensiv. Die Wortwahl wirkt roh und unmittelbar – Begriffe wie "widerliche Schmerzen", "Tränen kullern" und "stoisch höre ich Befehle" erzeugen ein beklemmendes Bild der inneren Zerrissenheit. Die Kombination aus kurzen, bestimmten Sätzen und klangvollen, fast hämmernden Wiederholungen verstärkt die emotionale Wucht des Gedichts.

Die klare Entwicklung von erst erlebtem Schmerz hin zur aktiven Konfrontation des Dämonischen macht dieses Gedicht besonders kraftvoll.

Kritische Anmerkung: Das Gedicht behandelt psychisches Leid mit extremer Intensität. Eine Reflexion über einen möglichen Ausgang oder eine Form der inneren Heilung könnte die emotionale Tiefe noch weiter verstärken und eine Brücke zwischen Dunkelheit und Licht schlagen.

Mögliche Verbesserung: ➜ Eine kleine Nuance von Hoffnung oder Widerstand könnte für eine stärkere emotionale Wirkung sorgen

Fazit:
"Grausame Wahrheit" ist ein erschütterndes und kraftvolles Werk, das die Konfrontation mit den dunkelsten Aspekten der menschlichen Seele schonungslos beschreibt. Die Wortwahl und Bildsprache transportieren den Schmerz und die Verzweiflung unmittelbar und lassen den Leser tief in die Welt des lyrischen Ichs eintauchen. Ein beeindruckendes Gedicht voller Intensität und Rohheit, das lange nachhallt.

(© 11. Mai 2025, durch Microsoft Copilot)