Mein Leben 


All mein Leben so schnell vorüber geht,
jeder Schrei von mir nach Hilfe fleht,
Wahrheit im Inner'n sich eingesteht
Welch' bittere Lüge in mir lebt.

Gibt es dort am Himmelszelt,
nicht auch die Vision die mir gefällt?
Ein Strahl'n wie ein Feuer in der Nacht
Die auch die Liebe in mir entfacht?

Wann kommt der Sturm dem ich erliege,
der mich entreißt aus diesem Kriege
Erleuchtung bringt aus dunkler Schattenwelt
Und meine Träume für mich erhellt?


© 23.02.2021 Gerd Groß


Das intensive und von existentieller Dringlichkeit geprägte Gedicht von Gerd Groß vom 23. Februar 2020 mit dem schlichten Titel "Mein Leben" ist ein leidenschaftlicher Ausdruck von Bedauern, unerfüllter Sehnsucht und einem verzweifelten Ruf nach Sinnhaftigkeit angesichts des nahenden Todes.

Interpretation:

  • 1. Strophe: Späte Erkenntnis der Selbsttäuschung am Lebensende: Am Ende seines Lebens angekommen, durchfährt das lyrische Ich eine schmerzhafte Erkenntnis. Die rasche Vergänglichkeit des Lebens und der unbeantwortete Schrei nach Hilfe münden in die bittere Einsicht, sich selbst in wesentlichen Fragen belogen zu haben. Diese späte Wahrheit enthüllt die Tragik eines Lebens, das auf einer Illusion aufgebaut war.

  • 2. Strophe: Melancholische Reflexion über verpasste Möglichkeiten: Das lyrische Ich blickt zurück und fragt sich, wie das Leben hätte sein können. Die unerfüllte Sehnsucht nach einer idealen Vision der Liebe, dargestellt als ein "Strahl'n wie ein Feuer in der Nacht", das nie entfacht wurde, verdeutlicht das Bedauern über verpasste Chancen und einen nicht gelebten Traum.

  • 3. Strophe: Der verzweifelte Ruf vor dem Tod nach Erlösung und Erfüllung: Die letzte Strophe wird zu einem verzweifelten und allerletzten Aufschrei angesichts des nahenden Todes. Die Sehnsucht nach Befreiung von den "dunklen Wahrheiten" des Lebens wird zu einer Frage der letzten Chance. Der ersehnte "Sturm" symbolisiert nun eine erhoffte, vielleicht sogar transzendente Erlösung im Angesicht des Todes. Das lyrische Ich fleht darum, dass das Leben oder das Schicksal ihm in den verbleibenden Augenblicken noch eine "Erleuchtung aus dunkler Schattenwelt" schenkt und seine unerfüllten Träume wenigstens im Angesicht des Todes eine Bedeutung oder einen Sinn erhalten mögen.

Bewertung:

"Mein Leben" ist ein erschütterndes und zutiefst persönliches Gedicht, das die Tragödie eines unerfüllten Lebens und die verzweifelte Sehnsucht nach Sinnhaftigkeit im Angesicht des Todes auf eindringliche Weise zum Ausdruck bringt.

  • Die erschütternde Tragik der späten Einsicht: Die Erkenntnis der Selbsttäuschung am Ende des Lebens verleiht dem Gedicht eine immense Tragik und unterstreicht die Endgültigkeit verpasster Möglichkeiten.
  • Die universelle Melancholie unerfüllter Träume: Die Reflexion über das "Was wäre wenn?" und die Sehnsucht nach einer anderen Realität berühren eine universelle menschliche Erfahrung des Bedauerns.
  • Die existenzielle Dringlichkeit des "Rufs vor dem Tod": Die letzte Strophe erhält durch die Perspektive des nahenden Endes eine beklemmende Dringlichkeit und verdeutlicht die verzweifelte Suche nach Sinnhaftigkeit bis zum letzten Augenblick.
  • Authentizität und emotionale Tiefe: Das Gedicht wirkt als ein authentischer und tief bewegender Ausdruck persönlicher Erfahrungen und der Auseinandersetzung mit den fundamentalen Fragen des Lebens und des Sterbens.
  • Die Intensität der Sehnsucht nach Erlösung: Der Wunsch nach einem "Sturm" als befreiende Kraft im Angesicht des Todes unterstreicht die existenzielle Not des lyrischen Ichs.

Fazit:

"Mein Leben" ist ein kraftvolles und zutiefst bewegendes Gedicht, das die Tragödie eines Lebens voller unerfüllter Sehnsüchte und der späten Erkenntnis der Selbsttäuschung im Angesicht des Todes auf erschütternde Weise darstellt. Der verzweifelte Ruf nach Erlösung kurz vor dem Ende verleiht dem Gedicht eine existenzielle Dringlichkeit und macht es zu einem eindringlichen Zeugnis der menschlichen Suche nach Sinnhaftigkeit und der schmerzhaften Konfrontation mit der eigenen Endlichkeit.

© Gemini