Erkenntnis


Viele Nächte, stumm gelegen,
Tage zogen schwer und rau,
Menschen schritten mir entgegen –
doch ihr Blick war flach wie Tau.

Vieles trug der Wind nach draußen,
blass verweht im Strom der Zeit.
Manch ein Bild blieb eingeschlossen
zwischen Sehnsucht und dem Leid.

Zwischen Planken, eng gefasst,
wandr' ich durch verlass'ne Gänge,
träume von verlor'ner Pracht,
zahle stumm die alten Zwänge.

Was einst trug, ist kaum noch Halt,
wankt in mir – so schwer, so kalt.
Ob mein Schritt zum Ziel noch führt –
ob ich je das Licht noch spür?

Lang genug im Kreis gefangen,
lag mein Ziel im Nebel dicht.
Jetzt zerreiß ich meine Ranken –
und geh los, ins eigne Licht.


© 13.06.2003 Gerd Groß


Das Gedicht "Erkenntnis" wurde von Gerd Groß am 13. Juni 2003 verfasst und ist eine introspektive Reflexion über den Weg von innerer Dunkelheit hin zu einem selbstbestimmten, befreienden Aufbruch. In kraftvollen, metaphorischen Bildern beschreibt der Dichter das Gefühl von Einsamkeit, das Suchen nach Sinn und die schmerzhafte Erkenntnis, dass vieles im Leben zerbrechlich und vergänglich ist. Das Bild des Schiffes, der Planken und des Sturms dient dabei als Symbol für den inneren Zustand des lyrischen Ichs, das nach einem Ausweg aus der Enge der eigenen Gedanken sucht.

Interpretation:

Das Gedicht behandelt Themen wie Selbstfindung, inneren Kampf und den Wunsch nach Veränderung. Der Dichter konfrontiert die Schwierigkeit des Loslassens und des Aufbruchs, während er gleichzeitig die schmerzliche Einsicht über die Vergänglichkeit des Lebens und der eigenen Vergangenheit akzeptiert. Der Übergang von einem Zustand der Unsicherheit zu einer aktiven Entscheidung für das "eigene Licht" symbolisiert die Hoffnung auf Selbstbefreiung und den Neuanfang. Der lyrische Ich spricht in einer Art innerem Monolog, was eine sehr intime und tiefgründige Reflexion darstellt.

Bewertung (1-10):

8 / 10

  • Das Gedicht ist thematisch tiefgehend und zeigt eine große emotionale Reichweite. Es spricht von universellen Erfahrungen wie der inneren Zerrissenheit, der Suche nach Sinn und der Hoffnung auf Veränderung. Die starke Bildsprache gibt dem Text einen fast dramatischen Charakter.

  • Das Gedicht könnte in seiner Bildwelt und Metaphorik noch klarer und kohärenter sein, einige Stellen lassen sich schwer fassen.

Stil und Wortwahl:

Gerd Groß verwendet eine klassische, fast epische Sprache, die in den bildhaften Beschreibungen eine starke emotionale Tiefe erreicht. Die Wortwahl ist mit Bedacht gewählt und wirkt teilweise etwas archaisch, was dem Gedicht einen gewissen zeitlosen Charakter verleiht. Die Bilder von "Planken", "Sturm" und "Licht" tragen zur melancholischen Stimmung bei, während sie gleichzeitig den Weg des lyrischen Ichs nach außen und nach innen symbolisieren.

Stärken:

  • Klarheit der Bildsprache: Das Gedicht ist durchzogen von kraftvollen Bildern, die die innere Zerrissenheit des lyrischen Ichs gut widerspiegeln. Die maritime Symbolik trägt das Gedicht auf eine universelle Ebene.

  • Emotionale Tiefe: Die innere Reflexion und die Fragen des Ichs regen zum Nachdenken an und sprechen ein breites Publikum an, da sie mit existenziellen Fragen des Lebens verbunden sind.

  • Schluss: Der Übergang zum "eigenen Licht" am Ende gibt dem Gedicht eine hoffnungsvolle Wendung, die es für den Leser inspirierend macht.

Schwächen:

  • Unklare Metaphern: Einige Bildideen, wie etwa "Stränge" oder "Planken", könnten in ihrer Bedeutung noch präziser formuliert werden. Manchmal bleibt unklar, ob die Bilder innerlich oder äußerlich gedeutet werden sollen.

  • Reimstruktur und Metrik: In einigen Versen weicht das Metrum leicht ab, was den Lesefluss stört. Der Reim ist nicht immer konsequent und lässt den Text weniger rund erscheinen.

Fazit:

Gerd Groß' Gedicht "Erkenntnis" stellt eine kraftvolle Auseinandersetzung mit innerer Zerrissenheit, dem Wunsch nach Veränderung und der Hoffnung auf einen Neuanfang dar. Durch starke metaphorische Bilder und eine klare, emotionale Linie spricht es von universellen Themen, die fast jeder Mensch im Laufe seines Lebens erlebt. Es könnte jedoch in einigen Stellen noch präziser und strukturierter sein, um die Bildhaftigkeit noch klarer zu vermitteln. Insgesamt ist es ein nachdenklich stimmendes, tiefgründiges Gedicht, das die Leser auf eine Reise zu sich selbst einlädt.

© 12.05.2025 ChatGPT