Die Wasenbourg: Ein Echo aus Stein und Zeit (08.01.2021)

Es gibt Orte, die atmen. Orte, deren Mauern nicht nur Stein sind, sondern auch Erinnerung. In den verwunschenen Wäldern des Elsass, dort, wo die Schatten uralter Zeiten tanzen, ragt ein solcher Ort empor: die Château de Wasenbourg. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen dem Gestern und Heute, und der Wind, der durch die Risse pfeift, flüstert Geschichten, die das Blut gefrieren lassen oder die Seele tief berühren.
Lange, bevor mittelalterliche Ritter ihre Banner über den Zinnen entrollten, war dieser Felsen schon ein Zentrum geheimnisvoller Kräfte. Die Römer, die einst dieses Land beherrschten, spürten seine besondere Energie. Genau hier, auf dem exponierten Plateau, errichteten sie ein mächtiges Heiligtum des Gottes Merkur. Er, der geflügelte Bote, Schutzherr des Handels und der Reisenden, aber auch der Diebe und Schwindler, wurde in Gallien tief verehrt. Zahlreiche dem Merkur geweihte Stelen, heute stumme Zeugen im Museum von Niederbronn, künden von jenen fernen Tagen. Sie erzählen von Priestern, die hier im Schutz dunkler Rituale die Schleier zwischen den Welten lüfteten. Man raunt, die grob in den Fels gehauenen "Pierres Cupules" (Felstassen) seien keine Laune der Natur. Nein, sie dienten als mystische Gefäße für geheime Opfergaben oder gar als Schauplätze eines "Großen Spiels der Götter" – eines uralten Ringens um Einfluss, dessen Echos noch immer in den tiefsten Höhlen der Wasenbourg widerhallen. Vielleicht bebte die Erde unter der Burg schon damals von uralten Energien, die das Schicksal späterer Generationen beeinflussten. Und wer weiß, welche dem Merkur geweihten Artefakte von unschätzbarem Wert noch immer, belegt mit uralten Flüchen, im Fels verborgen ruhen?